«Bewusstsein steigt»

Belgien: Euthanasie nahm 2022 um 10 Prozent zu

Sterbehilfe
Fast 3'000 Menschen haben in Belgien im Jahr 2022 Sterbehilfe beantragt. Die meisten waren über 70 Jahre alt und hatten Krebs im Endstadium, aber 17 Prozent «werden voraussichtlich nicht in absehbarer Zeit sterben», so der offizielle Bericht.

Die belgische Kontroll- und Bewertungskommission für Euthanasie berichtete, dass im Jahr 2022 2’966 Menschen durch aktive Sterbehilfe aus dem Leben geschieden sind. «Die Zahl ist im Vergleich zu 2021 um 9,85 Prozent gestiegen. Der Anteil der gemeldeten Sterbefälle aufgrund von Euthanasie lag 2022 bei 2,5 Prozent (gegenüber 2,4 Prozent im Jahr 2021) aller Todesfälle in unserem Land», so der Bericht. Bereits 2021 hatte das Land eine Rekordzahl an Euthanasie-Todesfällen zu verzeichnen.

Der Onkologe und Palliativmediziner Wim Distelmans erklärte gegenüber der belgischen Nachrichtenwebsite VRT, dass «die Zahl der registrierten Euthanasiefälle zunimmt, weil wir vermuten, dass das Bewusstsein für das Euthanasiegesetz in der Bevölkerung gestiegen ist».

Alter, Ort und Sprache

Die Mehrheit der Euthanasiepatienten (69,9%) war über 70 Jahre alt, 42,2 Prozent waren älter als 80 Jahre. Nur 1,2 Prozent derjenigen, die um Sterbehilfe baten, waren unter 40 Jahre alt. Es wurde kein Fall von Sterbehilfe bei einem minderjährigen Patienten registriert.

Ausserdem haben sich mehr flämische als wallonische Patienten für Sterbehilfe entschieden (70,4% gegenüber 29,6%), aber die Anträge aus dem französischsprachigen Gebiet nehmen stärker zu. Die Daten zeigen auch, dass die Zahl der zu Hause durchgeführten Euthanasie im Jahr 2022 leicht zurückgegangen ist (50,5%), während sie in Pflegeheimen weiter zunimmt (16,4%). Die Anzahl der Euthanasiefälle in Krankenhäusern und Palliativstationen blieb stabil (31,8%).

Zeitpunkt und Grund des Todes

Die Kommission teilte mit, dass im Jahr 2022 513 Fälle (17,3%) von Euthanasie bei «Menschen, deren Tod nicht in absehbarer Zeit zu erwarten war», gemeldet wurden.

Die meisten von ihnen (239) wurden aufgrund von Polypathologie (Mehrfacherkrankungen) behandelt, gefolgt von kognitiven Störungen (41), psychiatrischen Störungen (24) und einer Reihe von körperlichen, nicht-tödlichen Erkrankungen, darunter Arthritis, Augen- und Ohrenerkrankungen, chromosomale und angeborene Anomalien und andere.

Die meisten Patienten im Endstadium, die um Sterbehilfe baten, hatten Krebserkrankungen (59,9%). «Anträge auf Sterbehilfe aufgrund psychiatrischer Erkrankungen wie Gemütskrankheiten (0,9%) sowie Alzheimer und andere Demenzerkrankungen (1,4%) blieben die Ausnahme», so die Kommission.

Mehr Patienten aus dem Ausland

Das belgische Euthanasiegesetz setzt nicht voraus, dass jemand Belgier ist, um im Lande Euthanasie zu erhalten. «Immer mehr Ausländer haben das verstanden und kommen über das Internet nach Belgien», erklärte die Kommission.

Im Jahr 2022 stieg die Zahl: 61 Patienten mit Wohnsitz im Ausland kamen für Sterbehilfe nach Belgien. Sie kamen hauptsächlich aus Frankreich, aber auch aus Australien, Dänemark, Ungarn, Kenia, den Niederlanden, Polen, Portugal und der Ukraine.

Laut Regierungsbericht handelte es sich um «Patienten mit einer somatischen Erkrankung wie Amyotrophe Lateralsklerose (ALS), der Charcot-Krankheit, Lungenkrebs oder Polypathologie mit Krebs und Schlaganfallfolgen». Das Alter dieser ausländischen Patienten lag zwischen 50 und 79 Jahren.

Datum: 21.03.2023
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / Evangelical Focus

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