Talk mit Andreas Malessa

«Und das soll man glauben?»

Andreas Melassa ist Autor und Bibelkenner.
Im Livenet-Talk spricht Redaktor Reinhold Scharnowski mit dem Deutschen Theologen und Autoren Andreas Malessa über dessen neues Buch «Und das soll man glauben?».

Andreas Malessa ist Journalist. «Ich arbeite für Radioprogramme in der ARD hier in Deutschland.» Zweitens ist er Theologe: «Ich habe nichts anderes gelernt.» Und drittens ist er Buchautor. Die drei Bereiche fliessen ineinander über – und das führt dann zu Ergebnissen wie beispielsweise dem Buch, welches kürzlich veröffentlicht wurde.

Wenn ein Verlag ein Buch in Auftrag gibt

Zuweilen geben Verlage bei Andreas Bücher zu gewissen Themen in Auftrag. So sei es auch jetzt gewesen, als das Gütersloher Verlagshaus das aktuelle Buch bestellte. «Der Verlag hat mich gebeten: Schreiben Sie uns doch mal ein Buch, das Menschen, welche die Bibel als krudes Zeug halten, die Bibel lieb macht.» Das Buch richte sich also an 40 Millionen Deutsche, die eine Bibel in ihrem Schrank stehen haben, ohne sie zu lesen oder sich für die Kirche zu interessieren.

Das Buch sollte einen Weg zwischen einer radikal fundamentalistischen und einer laschen, gleichgültigen Leseart finden. Das Resultat liegt nun mit «Und das soll man glauben?» vor.

Interesse an der Bibel wächst

«Es gibt eine Menge Leute, die an der Bibel interessiert sind.» Andreas stellt sich klar gegen die verbreitete Meinung, dass sich kaum mehr jemand für den christlichen Glauben interessiere. Die Leuten mögen sich von der Institution Kirche verabschiedet haben, doch die persönliche Spiritualität sei eine andere Sache. Es gebe eine wachsende Zahl von Menschen, die wissen wollen, was es mit der Bibel eigentlich auf sich hat. Und genau dies hatte der Verlag erkannt und deshalb das Buch bestellt.

«Unsere ganze Kultur ist von der Bibel durchdrungen. Und auch unsere Verfassung, unser Grundgesetz und unsere Menschenrechte: Das ist alles von der Bibel inspiriert.» Im Talk gibt Andreas konkrete Beispiele, anhand welcher er sieht, dass Menschen sich durchaus für den Glauben und auch die Bibel interessieren.

Was ist die Bibel für mich?

Andreas will sowohl Fromme, wie auch Skeptiker ansprechen. Frommen will er den Stress nehmen und das Zweifeln erlauben und gleichzeitig Skeptiker davon überzeugen, dass der Bibel vertraut werden darf. «Im Wesentlichen ist die Bibel eine Briefsammlung – Liebes- und Beschwerdebriefe von Gott an uns und von uns an Gott. Was ich nun für mich persönlich als Lebensbewältigungshilfe nehme, ist eine Frage meiner Einstellung zur Bibel.» Andreas hält fest, dass die Bibel Gottes lebendiges Wort an jeden Menschen ist. «Das ist natürlich eine Glaubensfrage. Doch ich glaube das.» Und damit hat er auch gleich den Untertitel des Buches erklärt: «Warum ich der Bibel trotzdem vertraue».

Widersprüche in der Bibel

Den Begriff «bibeltreu» mag Andreas nicht. Er bezeichnet ihn als Kampfbegriff gegen «Bibeluntreue». Auch gewisse «bibeltreue» Ansprüche, was die Bibel sei, würde die Bibel selbst nicht erheben. Entgegen der verbreiteten Behauptung, die Bibel sei widerspruchsfrei, sieht er auf verschiedenen Ebenen klare Widersprüche. Im Talk gibt er hierzu Beispiele.

«Wenn sich jemand fragt, weshalb er sich mit einem derart widersprüchlichen Buch beschäftigen soll, würde ich sagen: Weil genau dies die Lebendigkeit dieses Buches ausmacht. Die Bibel ist ein sich selbst kommentierendes und sogar interpretierendes Buch. Wo findest du das denn sonst? Das gibt es in der ganzen Weltliteratur nicht.» Für Andreas führt das Spannungsfeld unterschiedlicher biblischer Aussagen zu einem inspirierenden Ringen beim Auslegen der Bibel.

Wovon machen wir die Rechtgläubigkeit abhängig?

Mit Nachdruck hält Andreas fest, dass er einen konservativen Fundamentalismus für gefährlicher erachtet, als die liberale Kritik an der Bibel. Er begründet dies so, dass wenn jemand die Glaubwürdigkeit der Bibel aberkennen würde, er problemlos entgegenhalten kann. Denn die Bibel hat ihn getröstet und er erkennt sie als Gottes Wort an. Wenn hingegen seine Rechtgläubigkeit davon abhängig gemacht wird, an der Schöpfung der Erde innert sechsmal 24 Stunden festzuhalten und er viele andere entsprechende Dogmen bejahen muss, sieht er sich auf einmal dazu gedrängt, die ganze Bibel infrage zu stellen. Und dies aufgrund eines Bibelverständnisses, welches er in der Bibel selbst nicht vertreten sieht.

Die Bibel ist ein überragendes Buch

Die Frage, ob es Gott gibt und wie er ist, vermögen selbst die klügsten Philosophen nicht zu beantworten. Auch im Hinduismus oder Buddhismus suche man vergeblich nach entsprechenden Antworten. Die Bibel sei da aber ein grosser Gewinn. Der Leser müsse «einfach mal vorschussvertrauend annehmen, dass es sein könnte, dass Gott selbst sich in diesem Buch offenbart hat».

«Wer die Bibel unvoreingenommen liest, wird feststellen: Die Bibel ist das Buch der Weltliteratur, in welchem Gott beschimpft wird wie nirgends sonst. Lest Jeremia, lest Hiob, lest die Klage- und Rachepsalmen von David. Es ist ein Buch, das ehrlich Menschen porträtiert, die an Gott verzweifeln.» Das entspannt. «Die Bibel rechnet nicht mit Leuten, die ihre Denkverbote Gläubigkeit nennen. Gott muss unser Nachdenken nicht fürchten.»

Im Mai findest in Casa Moscia bei Ascona ein VBG-Seminar mit Andreas Malessa statt. Details dazu finden sich hier.

Sehen Sie sich den Talk mit Andreas Malessa an:

 

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Datum: 01.03.2024
Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: Livenet

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