Livenet-Talk mit Frank Heinrich

Abgewählt und Würde bewahrt

Frank Heinrich, Politbeauftragter der Evangelischen Allianz Deutschland
Zwölf Jahre war Frank Heinrich im Bundestag. Nach seiner Abwahl 2021 schrieb er darüber ein Buch mit dem Titel «Ich hatte mir vorgenommen, Mensch zu bleiben». Im Livenet-Talk spricht er darüber – und über die Neutralität der Schweiz.

Frank Heinrich ist Politikbeauftragter der Evangelischen Allianz in Deutschland. Von 2009 bis 2021 war er mit der CDU im Bundestag. Zuvor war er Heilsarmeeoffizier in Chemnitz. Im Talk spricht er mit Florian Wüthrich über sein neues Buch, politische Entwicklungen in Deutschland und die Neutralität der Schweiz.

Ein Buch zum Abschied von der Politbühne

2021 wurde Frank Heinrich nicht mehr gewählt. «Bei meinem Rausgehen aus dem politischen Geschäft, hat mich eine Zeitung begleitet.» Dabei berichtete ein Redaktor über seinen Werdegang und den Prozess des Abschieds – mit den dazugehörenden Höhen und Tiefen. «Er hat es sehr gut gemacht», würdigt Frank Heinrich. Übertitelt wurde der Artikel mit «Ich hatte mir vorgenommen, kein Arschloch zu werden». Dieser Titel sprach an – und diente gleich als Arbeitstitel für ein Buch. Damit der Titel nicht als Anschuldigung an andere Politiker verstanden werden konnte, wurde der Titel dann etwas geändert. «Ich hatte mir vorgenommen, Mensch zu bleiben»; so lautet das 2023 erschienene Buch.

Ein Mensch bleiben

Der Buchtitel ist prägnant. «Es gibt genügend Dinge von aussen, die einem das Menschsein rauben könnten.» Diesen Gedanken wollte er in seinem Buch aufgreifen und anhand seines Lebens beschreiben. Es gäbe aber auch viele Dinge, die uns dabei helfen, Mensch zu bleiben. «Es hat mir geholfen, um Mensch zu bleiben, dass mein engeres Umfeld das Recht nutzte, mir Dinge ins Gesicht zu sagen.» Im Talk erzählt Frank Heinrich hierzu das Beispiel, als seine Tochter ihn darauf aufmerksam machte, dass er seine Familie vernachlässigt. Er äussert sich stolz über seine Tochter, die den Mut hatte, ihn zu konfrontieren. Gleichzeitig sei er auch etwas stolz auf die Erziehung von seiner Frau und ihm, welche es zuliess, dass ihre Tochter ihm gegenüber in angemessenem Ton Klartext reden durfte.

Grund zum Weinen – und zum Freuen!

Nach wirkungsreichen Jahren nahm Frank Heinrich die Wahlniederlage an. Einen würdevollen Abgang hatte er sich gewünscht und so freute er sich, dass dies auch von aussen so wahrgenommen wurde. «Ich glaube, dass wir Christen da einen Vorteil haben», sagt Frank diesbezüglich. «Wenn uns ein Zacken aus der Krone bricht, ist das nicht so schlimm. Oder: Es bricht uns keinen Zacken aus der Krone, wenn wir Fehler machen.» Natürlich seien Fehler nicht gewollt. «Wie man mit Niederlagen umgeht, ist möglicherweise weit mehr ein Zeugnis, als der Umgang mit Erfolg.»

Frank hatte mit der Wiederwahl gerechnet und musste dann den Hut nehmen. Damit wurden seine Mitarbeiter und er arbeitslos. Doch dies sollte weniger ein Grund zum Hadern sein, als vielmehr ein Anlass, um dankbar zurückzuschauen. Gemeinsam mit seinem Team wollte er sich über die zwölf Jahre freuen, die hinter ihnen lagen. «Es war ein gemeinsames Weinen, aber noch viel mehr ein Sich-Freuen und ein gegenseitiges Danke-Sagen.»

Afrika, Religionsfreiheit und Menschenhandel

Vor vielen Jahren rutschte Frank Heinrich in die lokale Politik und erhielt eine Stimme für diejenigen, die selbst keine Stimme haben. «So landete ich im politischen Umfeld.» Schon früh nahm er sich drei Ratschläge zu Herzen: Erstens sollte er für die Leute verfügbar sein, zweitens sollte er reisen und die Lebenswirklichkeit der Leute direkt erfahren. «Dort lernst du viel mehr als in den Papieren.» Und drittens sollte er sich für zwei oder drei Themen richtig fit machen. Wenn er heute drei Schwerpunkte seines politischen Wirkens nennen müsste, wären dies Afrika, Religionsfreiheit und Menschenhandel. Diese Themen begleiten ihn auch heute noch.

Die wachsende Unfähigkeit zum Zuhören

Der Grund für die Abwahl von Frank Heinrich hing mit dem Sitzgewinn der AfD zusammen. In diesem Zusammenhang spricht Frank über die aktuellen Entwicklungen in Deutschland, insbesondere seine Besorgnis darüber, wie sich die politischen Auseinandersetzungen generell verändert haben. Die Themen werden schwerwiegender. «Da kommen Ängste, die vorher nicht an der Oberfläche waren, natürlich hoch. Und diese werden dann instrumentalisiert. Besonders von der AfD.»

Frank spricht von einem Stilbruch des Miteinanders in Berlin. Immer wieder seien neue Parteien im Bundestag gelandet, welche anfänglich stets etwas gedisst wurden. Bisher habe dies aber jeweils nach wenigen Jahren wieder aufgehört. Bei der AfD sei dies aber nicht passiert. «Es macht mir Sorgen, dass wir irgendwann nicht mehr zueinander finden. Ich habe gemerkt, dass man einander gar nicht mehr zuhört.» Die Unfähigkeit, einander zuzuhören sei in den letzten drei oder vier Jahre stark gewachsen und Frank spricht dabei auch von einer Destabilisierung in der Demokratie.

Neutralität Schweiz

«Ich habe mich schon gefragt, wann ihr Schweizer darüber nachdenkt, dem Vorbild Finnlands oder Schwedens zu folgen, und über einen NATO-Beitritt nachdenkt.» Frank will dabei nicht von «Seiten» sprechen, sondern lieber von «Stellungen». Es gehe darum, zu welchen Wertegemeinschaften man sich bekennt. Es sei wichtig, sich zu Werten zu bekennen.

Am Ende des Talk schildert Frank ausführlich von einem Gespräch mit Angela Merkel, bei welchem die beiden gemeinsam einen Blick in die Bibel geworfen haben.

Sehen Sie sich den Livenet-Talk mit Frank Heinrich an:
 

Zum Buch:
Ich hatte mir vorgenommen, Mensch zu bleiben

Zum Thema:
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Datum: 26.04.2024
Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: Livenet

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