Geschichte

80 Jahre Barmer Theologische Erklärung

Ab 1933 verkündeten nationalsozialistische Kirchenmitglieder der «Deutschen Christen» Hitler als eine Art neuen Messias. Initiiert von Theologen wie Martin Niemöller und Karl Barth schlossen sich Protestanten dagegen in der «Bekennenden Kirche» zusammen. Auf deren erster Synode vom 29. bis 31. Mai 1934, also vor 80 Jahren, verfassten sie die «Barmer Theologische Erklärung», ein bedeutendes Dokument des Widerstands gegen das NS-Regime.

Der Synode vorausgegangen war der Sieg der «Deutschen Christen», die landesweit die Kirchenwahlen gewonnen hatten und daraufhin begannen, Religion und Politik gleichzuschalten. Das «verjudete» Alte Testament sollte abgeschafft und nur noch Arier sollten als Kirchenmitglieder zugelassen werden. Gleichzeitig sollte Hitler de facto an die Stelle von Christus gesetzt werden. So erklärte der Pfarrer Hermann Grüner: «In Hitler ist die Zeit erfüllt für das Deutsche Volk, denn durch Hitler ist Christus, Gott, der Helfer und Erlöser, unter uns mächtig geworden. Darum ist der Nationalsozialismus positives Christentum der Tat. Hitler ist jetzt der Weg des Geistes und Willens Gottes zur Christuskirche deutscher Nation.»

Allein Jesus Christus

Eckig, angriffig und in kurzen Sätzen unterstreicht die Barmer Theologische Erklärung in sechs Thesen die Vorrangstellung von Jesus Christus. Dem Zitat von Johannes 14,6 (Jesus ist Weg, Wahrheit und Leben) folgt die erste These mit der Feststellung: «Jesus Christus, wie er uns in der Heiligen Schrift bezeugt wird, ist das eine Wort Gottes, das wir zu hören, dem wir im Leben und im Sterben zu vertrauen und zu gehorchen haben. Wir verwerfen die falsche Lehre, als könne und müsse die Kirche als Quelle ihrer Verkündigung ausser und neben diesem einen Worte Gottes auch noch andere Ereignisse und Mächte, Gestalten und Wahrheiten als Gottes Offenbarung anerkennen.»

Auch die weiteren Thesen folgen diesem Aufbau: Bibelvers, Bekenntnis und Verwerfung.

Ein Dokument des Widerstands

Die 139 Synodalen in Wuppertal-Barmen diskutierten heftig über die endgültige Fassung der Erklärung, die sie in erster Linie als innerkirchliche Auseinandersetzung mit den «Deutschen Christen» verstanden und weniger als Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Letztlich wurde das Dokument aber durch seine zugespitzte Formulierung und die klare Ablehnung des politischen Führungsanspruchs genau dies. Der Wortlaut der Erklärung stammte dabei massgeblich von Karl Barth und den heute nicht mehr so bekannten Theologen Thomas Breit und Hans Asmussen. Die Bekennende Kirche selbst spaltete sich bald darauf, was jedoch die Wirksamkeit ihrer Thesen nicht schmälerte. So hält der ehemalige EKD-Vorsitzende, Bischof Huber, fest: «Über ihre Entstehungszeit hinaus zeigen die Barmer Thesen, wie eine bedrohte und angefochtene Kirche durch die theologische Besinnung auf ihre Grundlage, ihre Gestalt und ihre Aufgabe kritikfähig, im Einzelfall auch widerstandsfähig wird und wie sie dadurch aller Bedrängnis zum Trotz an Kraft und Ausstrahlung gewinnt.»

Die fehlende Judenfrage

Auch innerhalb der Bekennenden Kirche herrschte keineswegs Einheit über die Judenfrage. Deshalb, und weil die Thesen sich auf einen deutlich christologischen Schwerpunkt beschränkten, lassen sie die Judenfrage völlig aus. Dies wurde später vielfach kritisiert. Karl Barth gestand dies im Nachhinein als signifikanten Mangel ein.

Heutige Bedeutung

Auch noch 80 Jahre nach der Erklärung sind die Barmer Thesen viel mehr als ein historisches Dokument, das den Widerstand einiger Christen gegen politische Vereinnahmung zeigt. Nach wie vor wird sie in vielen evangelischen Gesangbüchern abgedruckt und ist in einigen Gliedkirchen der EKD eine der Bekenntnisgrundlagen für die Pfarrerordination. Ausserdem steht sie als «wegweisendes Lehr- und Glaubenszeugnis» auf der Homepage der EKD.

Datum: 03.06.2014
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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