Vorurteile abbauen

«Gott selbst ist der grösste Missionar»

Kaum ein anderes Wort ruft so starke Emotionen hervor, erfährt engagierten Zuspruch oder heftige Ablehnung wie «Mission» oder – noch schlimmer – «missionieren». Was will eigentlich die christliche Mission?
Missionieren

Dazu hat sich Detlef Blöcher, Leiter der Deutschen Missionsgemeinschaft, Gedanken gemacht: Der Begriff «Mission» kommt aus dem Lateinischen und bedeutet «Sendung»: Christen sind gesandt in die Welt mit der guten Nachricht von Jesus Christus.

Diesen Auftrag hat Jesus vor 2.000 Jahren seinen Jüngern gegeben, quasi als Vermächtnis. Die bekannteste Form des «Missionsbefehls» findet man am Ende des Matthäusevangeliums: «Geht nun zu allen Völkern der Welt und macht die Menschen zu meinen Jüngern. Tauft sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch aufgetragen habe.»

Ein Auftrag von Jesus

Nach seiner Auferstehung ist Jesus seinen Jüngern mehrfach begegnet, und stets sprach er mit ihnen über das eine Thema: Mission. Tatsächlich durchzieht dieses Thema die gesamte Bibel. Von den ersten Seiten an geht es um Gottes Sehnsucht nach Gemeinschaft mit uns Menschen und darum, wie viel Gott es sich kosten lässt, uns aus Selbstzerstörung zu retten. Gott selbst ist der grosse Missionar.

Die Botschaft von Jesus ist so einzigartig, dass alle Menschen sie erfahren sollen. Die modernen Medien bieten dazu Gelegenheiten wie nie zuvor: vom Radio über das Satellitenfernsehen bis zu sozialen Medien und Internet-Chats, wo sich Interessierte für die christliche Botschaft in «verschlossenen» Ländern wie Nordkorea zum virtuellen Hauskreis treffen, weil sie zu Hause keine Fremden empfangen können. Viele Menschen im islamischen Orient laden die Bibel aus dem Internet auf ihr Handy. So können sie Gottes Wort diskret lesen, während ein Buch in ihrer Wohnung viel zu gefährlich wäre.

Etwas für starke Christen?

Unmittelbar vor dem «Missionsbefehl» heisst es: «Einige aber zweifelten.» Obwohl Jesus seinen Jüngern bereits mehrfach erschienen war, etwa den Frauen am Grab oder dem ungläubigen Thomas, zweifelten einige immer noch. Und genau diesen verunsicherten Jüngern gibt Jesus den Missionsauftrag. Er gilt den Glaubensstarken und den Glaubensschwachen, den Mutigen und den Zweifelnden.

Gesucht sind also nicht Experten, sondern er richtet sich an alle Christen. In unserer christlichen Gesellschaft haben viele Mitbürger eine Abneigung gegen das traditionelle Christentum. Sie reagieren geradezu allergisch auf «Kirche» und fürchten religiöse Propaganda. Sie werden nur dann Interesse an der christlichen Botschaft bekommen, wenn sie bei Christen einen glaubwürdigen Lebensstil erleben.

Erfolgreich wie nie zuvor

In vielen Ländern erleben wir heute eindrucksvoll, wie Gemeinden wachsen: In Nepal und Indien, Iran, Äthiopien, Kambodscha und unter den Berbern in Algerien. Es kommen heute mehr Menschen zum Glauben an Jesus Christus als je zuvor. Oft wirkt Gott dabei – besonders unter Muslimen – durch Träume oder Wunder und zieht so Menschen zu sich. Allerdings wächst auch die Weltbevölkerung so schnell wie nie zuvor! Es gibt also noch viel zu tun bei Gottes Mission.

Mission ist weit mehr

Wörtlich übersetzt lautet der Missionsauftrag: «Macht zu meinen Jüngern, indem ihr hingeht und lehrt und tauft.» Jesus will nicht nur Retter, sondern Herr im Leben sein. Das ist der Kernauftrag, dem alle anderen Tätigkeiten untergeordnet sind: Hingehen, evangelisieren, lehren und anderes mehr. Der Glaube soll alle Lebensbereiche durchdringen. Dann wird das Leben zum Schaufenster von Gottes Kraft – und wirkt ansteckend.

Christsein kann man nicht in erster Linie aus Büchern oder von Websites lernen; es muss konkret erlebt werden. Gott sandte nicht ein «goldenes Buch» vom Himmel, sondern seinen Sohn. Jesus kam nicht nur für einen Kurzeinsatz, sondern lebte 36 Jahre lang unter uns. Darum ist es notwendig, dass Christen hingehen und bei den Menschen leben – also Missionare werden. In vielen klassischen Missionsländern wie Brasilien, Kenia und Äthiopien sind inzwischen grosse, eigenständige Kirchen herangewachsen. Sie brauchen nicht mehr Missionare für Evangelisation und Gemeindebau – das können Einheimische oft besser.

In Wort und Tat

Diese Partnerkirchen bitten jedoch um Fachmitarbeiter etwa für Finanzverwaltung, Sozialarbeit, Kinder- und Jugendarbeit, Sportprogramme, Aidsprävention, Hilfe bei Alkoholsucht, theologische Lehre, Medienarbeit – und vor allem sollen sie einheimische Mitarbeiter in diesen Bereichen ausbilden.

Andere Missionare gehen in Staaten, wo die christliche Botschaft noch völlig unbekannt ist. Theologen erhalten dort oft kein Visum – jedoch andere Fachkräfte, auch wenn sie Christen sind. Sie leben das Evangelium in Wort und Tat. Sie können Gottes Liebe durch praktische Hilfe und die Ausbildung einheimischer Mitarbeiter weitergeben. Christen, die beim Aufbau ihres Gastlandes helfen, werden überall geschätzt. Für sie gibt es keine «verschlossenen» Länder.

Nicht nur im Ausland

Der Missionsauftrag schliesst mit der Zusage: «… und ich bin bei euch jeden Tag.» Jesus sagt seine Gegenwart und Hilfe fest zu – denn aus eigener Kraft kann man seinen Auftrag nicht tun. Dieses Versprechen gilt allen, die zu ihren Nachbarn, Arbeitskollegen, Bekannten, Angehörigen gehen – selbst wenn die Knie schlottern, man unbeholfen Worte stammelt und Fehler macht. Mission heisst: Grenzen überschreiten vom Glauben zum Unglauben. Alle Christen sind gesandt – mindestens zur Welt vor ihrer Haustür. Ihnen hat Jesus seine Hilfe zugesagt – nicht jenen, die ängstlich schweigen, die nichts tun.

Mission ist keine Einbahnstrasse, sondern geschieht von überall nach überall. Viele ehemalige Missionsländer wie Korea, die Philippinen, Brasilien und Nigeria senden heute eigene Missionare aus. Sie stellen inzwischen die Mehrheit der evangelischen Missionare weltweit! Einige senden auch Missionare nach Europa, um ihre hier lebenden Landsleute zu erreichen – und uns Deutsche, Schweizer oder Österreicher. Suchen wir die Zusammenarbeit mit ihnen? Bieten wir fremdsprachigen Gemeinden unsere Gemeindehäuser an, die viele Stunden in der Woche leer stehen

Auftrag noch nicht ausgeführt

Fachleute schätzen, dass es noch 6650 Völker ohne eigene christliche Gemeinde gibt – das sind 2,8 Milliarden Menschen. Viele Völker leben kulturell oder geografisch isoliert – sonst hätte das Evangelium dort schon lange Fuss gefasst. Deshalb braucht es Menschen, die ihre Heimat verlassen und zu ihnen gehen. In den meisten Grossstädten der Welt gibt es inzwischen christliche Gemeinden – doch sind sie nur auf wenige Sprachgruppen beschränkt. Auch ist es absurd, ein Volk als «erreicht» zu erklären, wenn es dort nur eine kleine Gemeinde unter Millionen Einwohnern gibt – die zudem vielleicht sogar im Untergrund lebt.

Flexible Konzepte

Globalisierung, Verstädterung, Naturkatastrophen, Flüchtlingsströme, religiöser Extremismus, neuer Atheismus in Europa – das sind nur einige Themen, die in der Mission aktuell sind. Die Schwerpunkte der Mission verschieben sich auf den Aufbau einheimischer Missionsbewegungen sowie christlicher Unternehmen, übergreifende Kooperationen, nebenberufliche Missionare, Lobbyarbeit für verfolgte Christen, eine wirkungsvolle Zusammenarbeit mit sendenden Gemeinden.

Das erfordert angepasste Arbeitsweisen, veränderte Ausbildungskonzepte – und neue Missionswerke. Weltmission braucht mehr Mitarbeiter mit einer tiefen Liebe zu Jesus und einem Herz für die Mitmenschen.

Datum: 04.03.2012
Autor: Detlef Blöcher
Quelle: idea Deutschland

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