Augen auf

Jesus und die Achtsamkeit

Zielbewusst unterwegs sein und im Moment wahrnehmen, was dran ist: im Gedränge des Alltags ist das keine geringe Kunst. Achtsam leben heisst, auch den Seufzer der Ratlosen und den Schrei des Hilfebedürftigen zu hören.
blinder Mann

Jesus hat viele Leute um sich, besonders wenn er eine Stadt besucht. Aus der Menge werden ständig Erwartungen an ihn herangetragen. Wie schafft er es nur, den vielen Menschen gerecht zu werden, die etwas von ihm wollen? Unvermittelt bleibt er unter einem Baum stehen und blickt hinauf: Da hockt ein Mann in den Ästen. Er wollte den Wanderprediger beobachten, ohne bemerkt zu werden. Jesus blickt ihn an, ruft ihn herunter – und geht in sein Haus. Er redet mit dem Mann, damit dieser sein Leben in Ordnung bringen und sich mit seiner Umgebung versöhnen kann.

Schreihals am Wegrand

Am Wegrand stehen Leute, um etwas von Jesus zu erhaschen. Die bodenständige Weisheit seiner Pointen ist legendär. Die Menge ärgert sich über einen Mann, der die besondere Atmosphäre durch Zwischenrufe stört. Was will der Schreihals? Einheimische kennen ihn: Bartimäus ist blind. Schicksalsergeben sitzt er sonst da und bettelt. Was ist in ihn gefahren? «Sohn Davids, Jesus, hab Erbarmen mit mir!» schreit er eines ums andere Mal und lässt sich von niemandem zum Schweigen bringen.

Nach zahlreichen Gesprächen in der Stadt ist Jesus aufgebrochen. Sollte er sich nun nochmals aufhalten lassen? Ja, er stoppt und lässt Bartimäus zu sich rufen. Man sagt es dem Blinden. Der springt auf, vergisst vor Aufregung seinen Mantel (mehr hat er nicht) und tastet sich an den Leuten vorbei zu Jesus.

Mit einem Wort – geheilt

Die Achtsamkeit des spirituellen Meisters zeigt sich darin, wie er sich Bartimäus zuwendet. Als hätte er ihn seit langem vor seinem geistigen Auge gesehen, fragt er ihn: «Was soll ich für dich tun?» Der Blinde bündig: «Rabbuni, mach, dass ich wieder sehen kann!» (Rabbuni ist eine ehrfürchtige Anrede und heisst: Mein Meister.)

Nachdem er Bartimäus in seiner ganzen Not wahrgenommen hat, stellt Jesus seine Vollmacht zu heilen unter Beweis. «Geh», sagt er zum Blinden, «dein Glaube hat dich gerettet.» In diesem Augenblick gewinnt Bartimäus das Augenlicht zurück. Er ist geheilt! Und mehr als das: Mit Jesus hat er einen Sinn im Leben. Frei und mobil, wie er nun ist, schliesst er sich ihm an.

Meister der Achtsamkeit

Es gibt keinen achtsameren Meister der geistigen Welt als Jesus von Nazareth. Seit er am Ostermorgen von den Toten auferweckt und vierzig Tage später in den Himmel zu Gott hinaufgehoben wurde, ist er überall da gegenwärtig, wo nach ihm gerufen wird: «Jesus, hab Erbarmen mit mir!» Und wie damals, bei Bartimäus, tut er auch jetzt Augen auf und schenkt den Blick für die Wirklichkeit.

Datum: 05.08.2012
Autor: Peter Schmid
Quelle: Jesus.ch

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