Erste Erhebung in Grossbritannien

Haus- und Erziehungsarbeit ist Billionen wert

Die Haus- und Erziehungsarbeit ist ein bedeutender wirtschaftlicher Faktor, der sich etwa mit dem Finanzsektor messen kann. Das geht aus vorläufigen Berechnungen des britischen Nationalen Statistikamtes hervor. In der Schweiz werden 44% der gesamten Wirtschaftsleistung im Haushalt erbracht. 
Frau steht mit Putzmaterial bereit

Zum ersten Mal soll in Grossbritannien die Wirtschaftskraft unbezahlter Haus- und Erziehungsarbeit gemessen werden. Nach ersten Schätzungen summieren sich diese Leistungen auf umgerechnet etwa 3,8 Billionen (3'800 Milliarden) Euro. Genaue Zahlen für das sogenannte «unbezahlte Brutto-Inlandsprodukt» will das Statistikamt im nächsten Jahr vorlegen. Berechnet wird etwa der Wert von häuslicher Kindererziehung, Hausarbeit wie Waschen, Bügeln und Putzen oder Fahrten, mit denen Kinder zur Schule oder zu Freizeitaktivitäten gebracht werden. Massstab sind die Kosten, die entstehen würden, wenn man dafür kommerzielle Dienstleistungen wie etwa Putzhilfen oder Taxifahrten in Anspruch nähme.

Unbezahlte Kinderbetreuung: 430 Milliarden Euro

Bereits jetzt liegen Schätzungen einzelner Dienstleistungen vor, wie die Londoner Zeitung «Sunday Times» berichtet. So werde unbezahlte Kinderbetreuung für das Jahr 2012 mit 430 Milliarden Euro angesetzt; Transportkosten, etwa für Schulfahrten, summierten sich auf 337 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Der deutsche Bundeshaushalt 2015 hat ein Volumen von rund 300 Milliarden Euro. Derzeit verzichten in Grossbritannien annähernd 2,3 Millionen Bürger auf Erwerbsarbeit, um für Haushalt und Kinder zu sorgen. Das sind etwa 47'000 weniger als im Vorjahr.

Deutschland: Mehr Geld für häusliche Kinderbetreuung

In Deutschland fordern einige Kritiker der flächendeckenden Kinderkrippenbetreuung eine stärkere finanzielle Förderung von Eltern, die ihre Kinder zu Hause erziehen. Sie können Betreuungsgeld für Kinder im zweiten und dritten Lebensjahr beziehen, wenn sie dafür keine öffentlichen Einrichtungen in Anspruch nehmen. Das Betreuungsgeld beträgt 150 Euro pro Monat. Im ersten Quartal 2014 wurde für knapp 146'000 Kinder Betreuungsgeld gezahlt. Zu rund 95 Prozent beziehen Mütter diese Leistung.

«Indikator des sozialen Zusammenhalts»

In der Schweiz wird mehr unbezahlt als bezahlt gearbeitet. Im Jahr 2010 wurden rund 8,2 Milliarden Stunden unbezahlt für Haus- und Betreuungsarbeiten sowie für Freiwilligenarbeit aufgewendet. Das entspricht im Durchschnitt 22 Stunden pro Woche pro Person. Beinahe zwei Drittel davon wurden von Frauen geleistet (63%). Die Haushaltsproduktion macht rund 44% der (um die unbezahlten Leistungen ergänzten) Gesamtwirtschaft aus.

«Das freiwillige Engagement der Bevölkerung kann als Indikator des sozialen Zusammenhalts dienen», hält das Bundesamt für Statistik fest und nennt als Beispiel eine Analyse der unbezahlten Leistungen der älteren Generationen. Neben den Pflegeaufgaben für den Partner oder die Partnerin im eigenen Haushalt sind die informellen Hilfeleistungen für andere Haushalte wie z.B. die Betreuung von Enkelkindern bedeutend: Das dafür investierte Zeitvolumen der Personen ab 65 Jahren betrug im Jahr 2007 rund 363 Millionen Stunden. Das ist vergleichbar mit der Normalarbeitszeit von rund 53'000 Vollzeitstellen.

Die Familieninitiative der SVP, die Steuerabzüge für Daheim-Erziehende vorsehen wollte, wurde im November 2013 vom Schweizer Stimmvolk mit 58.5% abgelehnt.

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Datum: 19.11.2014
Autor: Reinhold Scharnowski / idea.ch
Quelle: Livenet.ch / idea.ch / Bundesamt für Statistik

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