Saudi-Arabiens Bomben führen zu Interesse an Christus
Fast unbemerkt von der Weltöffentlichkeit vollzieht sich im Jemen die laut UNO derzeit grösste humanitäre Katastrophe. Im ärmsten Land der Arabischen Halbinsel, das zur Hälfte aus Schiiten und Sunniten besteht, liefern sich schiitische Huthi-Rebellen und die von Saudi-Arabien unterstützte sunnitische Regierung einen Machtkampf. Saudi-Arabien fliegt seit 2015 tägliche Luftangriffe gegen die Rebellen und nimmt dabei auch Hospitäler, Schulen und Wohnviertel ins Visier. Mehrfach beklagte die UNO das rücksichtslose Vorgehen der Saudis, weil ein unverhältnismässig hoher Anteil, nämlich 93 Prozent aller Kriegsopfer, Zivilbevölkerung, Frauen und Kinder sind. Mehr als 50 Prozent aller medizinischen Einrichtungen und Schulen funktionieren nicht mehr. Über 80 Prozent der Einwohner – mehr als 22 Millionen Menschen – haben nicht genügend zu essen; 8,7 Millionen von ihnen sind sogar unmittelbar vom Hungertod bedroht. Und in dieser Not werden 70 Prozent aller Mädchen unter 18 Jahren zwangsverheiratet und die Jungs an Milizen verdingt. Hinzu kommt die schlimmste Cholera-Epidemie seit Menschengedenken mit über 1,1 Millionen Infizierten. Alle fünf Minuten stirbt ein Kind unter fünf Jahren durch ungenügende medizinische Hilfe und mangelnde Ernährung, nur weil die Saudis eine Totalblockade angeordnet haben und selbst UNO-Hilfslieferungen kaum noch ins Land kommen. Zusätzlich zu allem Übel richteten 2018 zwei der stärksten Wirbelstürme der letzten Jahrzehnte verheerende Schäden an der Ostküste Jemens an und hinterliessen Tausende Flutopfer.
Warum hört man davon so
wenig?
Es ist schwierig, zuverlässige Berichte aus dem
kriegserschütterten Jemen zu bekommen, da das finanzstarke Saudi-Arabien und
seine arabischen Verbündeten Hauptaktionäre vieler internationaler
Medienkonzerne sind und öffentliche Kritik mit dem Verweis auf finanzielle
Konsequenzen zu unterbinden versuchen. Erst diesen Sommer stellt die Washington
Post die offiziellen Todeszahlen für den Jemen in Frage, da sie seit Anfang des
Krieges im Jahr 2015 unverändert blieben – trotz täglicher Luftangriffe, trotz
des weltweit schlimmsten Choleraausbruchs und anderer vernichtender
Kriegsfolgen. Saudi-Arabien ist seit langem erfolgreich darum bemüht zu
verhindern, dass unabhängige Berichterstatter und Experten ins Land kommen, und
so erscheinen nur sporadisch Nachrichten über Kriegsverbrechen; wie zum Beispiel
der Beschuss eines vollbesetzten Schulbusses im August 2018, bei dem alle Kinder
starben, oder die Blutbäder bei einer grossen Beerdigung und einer
Hochzeitsgesellschaft, jeweils mit vielen Toten und Verletzten.
Schadet der
innerislamische Konflikt dem Ansehen des Islam bei den Bewohnern des Jemen?
Ja, zumal Saudi-Arabien, der offizielle Hüter und Wächter
der heiligen Stätten des Islam sowie der Haupt-Propagator des Islam weltweit
und der selbsternannte muslimische Vorbildstaat, nun seinen muslimischen armen
Nachbarstaat Jemen mit einem erbarmungslosen Bombenkrieg angreift. Die
Jemeniten fühlen sich von ihren Glaubensbrüdern verraten und im Stich gelassen.
Wächst dadurch das Interesse am
christlichen Glauben in Jemen?
Seit Anfang des Bombenkrieges im März 2015 haben sich die
Untergrundchristen im Jemen zahlenmässig mindestens verdreifacht und die
jemenitischen Konvertiten werden mutiger und aktiver; treffen sich heimlich in
Hausgruppen. Inzwischen sind aus allen sozialen Schichten Jemeniten Christen
geworden, ganze Familien folgen mittlerweile Jesus nach, obwohl sie sich damit
als «Abtrünnige» vom Islam in Todesgefahr begeben. 2018 war bisher das
schlimmste Jahr für die jemenitischen Christen, weil sie durch das rapide
Wachstum vermehrt in den Fokus von Extremisten und Behörden geraten.
Können Sie ein, zwei
Erlebnisse schildern, wie Menschen zu Christus gefunden haben?
Ein jemenitischer Christ verteilte vor zwei Monaten unter
den armen Studierenden einer grossen Universität Lebensmittel. Die Studierenden
fragten ihn, warum er das mache und so konnte er von seiner neuen Hoffnung
durch Jesus berichten. Daraufhin haben sich sechs jemenitische Studenten für Jesus
entschieden, einer hatte sogar einen Traum von Jesus. Sie haben sich der lokalen
Untergrundgemeinde angeschlossen.
In einer anderen Stadt halfen die jemenitischen Christen mit Krankheitspräventionsmassnahmen in einem stark durch Cholera verseuchten Slumgebiet den armen Bewohnern, die zu einer ausgegrenzten, verachteten Bevölkerungsschicht gehören. Die Slumbewohner wunderten sich, warum diese Leute ihnen helfen, da sie noch nie Hilfe bekommen haben. Das kleine Team von Christen antwortete: «Wir tun das, weil Gott euch liebt!» Die Slumbewohner sagten: «Wir wussten gar nicht, dass Gott unsere Leiden fühlt und wir ihm nicht egal sind.» In den folgenden Wochen entstanden einige Hauskreise.
Wie können wir den
jemenitischen Geschwistern beistehen?
Wir können und sollten für sie beten und auch bei unseren
Politikern dafür einstehen, dass dieser ungerechte Krieg endlich beendet wird
und das kriegstreibende Saudi-Arabien dafür auch entsprechend sanktioniert
wird. Die einheimischen Christen im Jemen sind sehr aktiv und helfen ihren notleidenden
Landsleuten, Nachbarn und Freunden wo sie können, damit diese wenigstens das
Notwendige zum Überleben bekommen. Als HMK unterstützen wir die einheimische
Untergrundkirche, damit diese mit Lebensmitteln, Trinkwasserversorgung,
medizinischem Hilfsmaterial, Schulaufbau und -ausrüstung sowie Notunterkünften
im ganzen Land helfen kann.
Zur Webseite:
HMK Hilfe für Mensch und Kirche
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Datum: 24.10.2018
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet