Pauline Jaricot

«Geschaffen, um zu lieben und zu handeln»

Pauline – wer? Auch weniger bekannte Persönlichkeiten prägen die Welt. Diese Missions-Biografie zeigt aktuelle Themen: demütig Grosses erschaffen, Mut zur persönlichen Veränderung, Menschen zusammenbringen und Glauben, Hilfe und Hoffnung verbreiten.
Pauline Jaricot (Bild: Missio.ch)

Pauline-Marie Jaricots Leben weist Parallelen zu Franz von Assisi auf. Auch sie liess ihren Wohlstand hinter sich, gründete Gemeinschaften und Werke und kümmerte sich nach einer starken Lebenswende um Bedürftige. Am 22. Mai 2022 war ihre Seligsprechung.

Bei der Seligsprechung muss im Zusammenhang mit der Person entweder Martyrium oder ein heroischer Tugendstand plus ein Wunder zugesprochen werden.

Wortwörtlich «wohlbetucht» und jung

Pauline Jaricot erblickte als sechstes und letztes Kind in Lyon das Licht der Welt. Sie wuchs in einem Umfeld auf, in dem die Französische Revolution eine geschwächte Kirche hinterliess. Ihre Eltern waren auf der Seite des «refraktären» Klerus, der sich weigerte, den Eid auf die Verfassung zu schwören. So erlebte sie die gehobenere Klasse einer Familie von Seidenhändlern, sah ihre Vorzüge, jedoch auch die Schattenseiten von Krankheit und Verlust ihrer Mutter. Dies machte sie für schwere Schicksale sensibel.

Soziale Ungerechtigkeit war in Frankreich verbreitet und prägte auch die Arbeiterklasse in der Industrialisierung.

Leben geweiht, Jesus als Freund

Heute würde sie als globale Networkerin bezeichnet werden, Pauline Jaricot; wie sie Menschen zusammenbrachte, sie für die christliche Mission gewann und somit auch Netzwerke gründete, die sich auf dem ganzen Erdball verbreiteten.

Im Interview mit «Fides.org» erzählt Schwester Pauline aus dem «Maison de Lorette» in Lyon vom geistlichen Leben Pauline Jaricots: «Es gäbe viele Dinge zu sagen. Von klein auf liebte sie es, in den Kirchen zu beten, vor Jesus im Abendmahl: Sie ging gerne zu ihm und sprach mit ihm auf eine sehr einfache Weise, als wäre er ihr bester Freund. Im Übrigen können wir von hier aus die Église St-Nizier sehen, in die sie oft zum Beten ging. Dort sprach Jesus zu ihr, sie konnte seine Stimme hören. Diese Freundschaft zu Jesus hat ihr sehr geholfen. Sie ging auch oft zum Beten in die Kapelle in Fourvière, die heutige Basilika gab es damals noch nicht. Als Pauline 17 Jahre alt war, ging sie in die Kapelle, wo sie sich Jesus weihte.»

Wirksame Wiedergeburt

In der Fastenzeit 1816 wurde die junge Pauline durch die Predigt Jean Würtzes erschüttert und durchlebte eine intensive Bekehrung. Die 17-Jährige legte an Weihnachten, unter einer radikalen Hingabe an Jesus, ihr Keuschheitsgelübde ab. Von da an kleidete sich die Wohlhabende wie die Arbeiterinnen, trug die kleine weisse Mütze von Hausangestellten und setzte sich mit deren Umfeld und Lebensbedingungen auseinander. Sie begann auch mit regelmässigen Krankenbesuchen und Fürsorge von Armen.

Wöchentliche Münze und tägliches Gebet

Durch Paulines Bruder und Priesterseminarist Philéas, wurde die aktive Dienerin auf Probleme in den Missionen aufmerksam und nahm sich dies zu Herzen. Damals entstand ihr legendärer Spruch: «Täglich ein Gebet und eine Münze (Sou) pro Woche.»

Die unternehmungslustige Dame begann mit 19 Jahren «die Sammlung des Missionspfennigs» unter den Arbeiterinnen ihres Vaters und organisierte sie in Zehner- und zunehmend in Hundertergruppen. Dabei ging es nicht nur um Finanzen, sondern es wurden Neuigkeiten der Missionsarbeit ausgetauscht und im Gebet bewegt.

Dieses «Werk der Glaubensverbreitung» wuchs damals rasant, auch über Landesgrenzen hinweg, und wurde 1822 in Lyon institutionalisiert. Es hatte bereits rund 1000 Mitglieder. Auch Pauline Jaricot selber leitete eine Sektion von 100 Spenderinnen mit dem «täglichen Gebet und der wöchentlichen Münze».

Weiterverbreitet und zurückgezogen

Pauline Jaricot prägte mit diesem Modell das Gesicht der internationalen Missionsarbeit; und dies ohne ihre Heimat Lyon zu verlassen. Die Initiantin selber zog sich zurück und erhob keinen Anspruch auf ihren Titel als Gründerin. Durch die Einbeziehung von Laien und insbesondere von Arbeiterinnen machte sie die Mission allen Schichten der Gesellschaft zugänglich. Der Verein breitete sich schnell aus: in Savoyen, Piemont, in der Schweiz (1827), in den Niederlanden (1830) und weiteren Ländern.

Weltweite Werke

1832 rief Pauline Jaricot ein Schwesternhaus in Loreto ins Leben, das Gäste aus aller Welt empfängt.

Das Werk der Glaubensverbreitung, das 1922 in den Rang eines päpstlichen Werkes erhoben wurde, erlangte weltweite Bedeutung. In der Schweiz Missio-Weltkirche genannt, ist es heute in 140 Ländern tätig und unterstützt 1100 Ortskirchen. «Das von Pauline Jaricot geschaffene Werk der Glaubensverbreitung ermöglicht es auch heute, bis in die entferntesten Ecken der Welt engagiert zu sein», erklärt Erwin Tanner-Tiziani, Direktor von Missio Schweiz mit Sitz in Freiburg.

Weiterwirken

Diese Laiin, die sowohl mit dem Pfarrer von Ars als auch mit Papst Gregor XVI befreundet war, traute ihr Werk den falschen Leuten an und wurde betrogen. Ihr Leben war daraufhin von finanziellen Problemen geprägt und sie versuchte bis an ihr Lebensende, die Schulden zurückzuzahlen. Pauline Jaricot starb am 9. Januar 1862 in Armut, während die von ihr gegründeten Werke in der ganzen Welt strahlten. Heute werden dank Pauline Jaricot 1100 Diözesen bei ihren geistlichen und sozialen Projekten unterstützt.

Nebst all den Barmherzigkeits-Projekten, die unzähligen Menschen dienen, gehören träfe Sprüche zum reichen Erbe der christlichen Pionierin, etwa: «Ich war nur das Zündholz, das das Feuer entfacht hat.»

Zur Website:
Missio

Zum Thema:
«Die illegale Pfarrerin»: Erste Frau in Schweizer Kirchenamt
1968: Gretchen Dutschke: «Nicht aufgeben, weil man wirklich Dinge ändern kann»
Dokudrama: Florence Nightingale: Epidemie trifft auf Krim-Krieg

Datum: 26.05.2022
Autor: Roland Streit
Quelle: Livenet

Publireportage
Werbung
Livenet Service
Werbung