Mehr Schutz für Minderheiten?

Ein Hoffnungsschimmer für Pakistans Christen

Mit sechs Jahren Verspätung hat Pakistans Führung endlich einen «Nationalen Rat» für die religiösen Minderheiten eingerichtet. Er soll die bescheidenen Rechte der religiösen Minderheiten garantieren. Allein seine Gründung ist ein Durchbruch.
Pakistan (Bild: bigstock)

Die Beobachtungsstelle soll die von der islamlastigen Verfassung vorgesehenen bescheidenen Rechte der Minderheitsreligionen in dem 95 Prozent muslimisch-sunnitischen und nach der Scharia regierten Landes schützen. Ihm gehören von christlicher Seite zwei evangelische Persönlichkeiten und ein katholischer Bischof an.

Bereits 2014 gefordert

Das pakistanische Verfassungsgericht in Islamabad hatte die Regierung schon 2014 aufgefordert, diesen Rat zu bilden. Politislamische Kräfte verzögerten das jedoch und erreichten schliesslich, dass die beiden wichtigen Minderheiten der Ahmadiyya und Bahai ausgeschlossen blieben. Erstere sind Muslime, die an eine – übrigens von Jesus auch nach dem Koran angekündigte – Herabkunft des Heiligen Geistes glauben. Dieser soll unter dem Namen Ahmad alle Religionen vereinigen. 

Mit Ahmadiyya, ohne Bahai

Sie sind somit eine Art messianischer Muslime, die aber von der Mehrzahl ihrer Glaubensgenossen als Sektierer abgelehnt werden. Die Bahai dagegen sind im Iran aus der dortigen Schia entstanden und betrachten sich als eine Weltreligion. Sie werden aber vom Islam als Ketzer eingestuft. Sie sind damit Freiwild und geniessen nicht die bescheidene Kultfreiheit, die ein muslimischer Staat Andersgläubigen mit «heiligen» Büchern einräumt.

Auch ein Fürsprecher der evangelikalen Christen

Im neuen Gremium sitzen neben der drei Christen als «Schriftbesitzer» noch ebenso viele Hindus, je zwei Sikhs und schiitische Muslime, ein Parse und ein Vertreter der monotheistischen Volksgruppe der Kalascha. Die Evangelischen werden durch die Soziologin der Frauen-Universität Peschawar, Sarah Safdar, von der vereinigten anglikanisch-presbyterianisch-methodistischen Church of Pakistan und Albert David repräsentiert, dem Vorsitzenden des «Christian United Movement». Dabei handelt es sich weniger um eine kirchliche, als eine politische Vereinigung, die sich für die Rechte der pakistanischen Evangelikalen einsetzt.

Baldiger Termin dringlich

Die nicht-islamischen Religionsgemeinschaften sowie Menschenrechtsorganisationen fordern jetzt ein rasches Zusammentreten dieses «Nationalen Rates». Sie wissen, warum sie es eilig haben: Ein schon 2012 von Pakistans damaliger Regierung gebildetes Beratergremium aus 18 ranghohen Vertretern religiöser Minderheiten wurde nie einberufen, alles Drängen seiner Mitglieder auf die lange Bank geschoben, wie damals die einzige pakistanische Zeitung mit liberaler Grundhaltung, die in Karatschi erscheinende «Express-Tribune», berichtete.

Ein Massaker als Initialzündung

Am 22. September 2013 verübten islamistische Terroristen von den «Soldaten Allahs» (Dschundullah) einen Selbstmordanschlag auf die anglikanische «All-Saints»-Kirche, bei dem 81 Gläubige – unter ihnen 40 Kinder! – ums Leben kamen. Nach dieser tödlichsten christenfeindlichen Gewaltaktion seit der Gründung Pakistans 1947, forderte Generalstaatsanwalt Tassaduq Hussein Jillan 2014 die Bildung des erst jetzt zustande gekommenen Religionsrates.

Religionsminister: «ein historischer Schritt»

Dieser ist als unabhängige Beobachtungsstelle gedacht, soll die Rechte der religiösen Minderheiten schützen und eine «Harmonie der Religionen» sicherstellen. Er werde sich mit Vorurteilen gegen Nicht-Muslime in den Schulbüchern sowie Missständen wie Zwangsbekehrung und Zwangsverheiratung oder Schändung von religiösen Heiligtümern von Andersgläubigen befassen. Religionsminister Pir Nur ul-Haq Qadri spricht von einem «historischen Schritt». Wie schnell der aber konkrete Früchte bringt, bleibt vorerst abzuwarten.

Zum Thema:
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Datum: 14.05.2020
Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet

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