Was glauben die Stars?

„Ich brauche nur Gott und sonst gar nichts!“ Xavier Naidoo, Deutschlands Soulsänger Nr. 1
Liz Taylor
Chuck Norris
Hanno Gerwin
Britney Spears
Franziska von Almsick
Dieter Kürten
Tagesthemen-Chef Ulrich Wickert
„Gott hat sich uns in Jesus Christus vorgestellt, um seine Beziehung zu uns zu intensivieren und zu bereinigen.“ Hanne Haller, Sängerin und Produzentin, Mitte November 2005 verstorben
Thomas Anders
Nena

Liz Taylor trägt eins.
Britney Spears tut es.
Und Monica Lewinski auch.

Das rote Kabbalah-Bändchen am Handgelenk soll vor dem „bösen Blick“ schützen. Und Weisheit schenken. Und natürlich – Erfolg. Angesiedelt zwischen Religion, Sekte und jüdisch-esoterischer Zahlenmystik stehen die „Weisheiten der Kabbalah“ für den derzeit wohl angesagtesten spirituellen Trend in Hollywoods Promiszene. Doch während viele nur mal so zum Spaß im Kaballah-Center in Los Angeles vorbeischauen, folgt Popdiva Madonna der neuen-alten Glaubenslehre voller Inbrunst. Kein anderer Promi macht sich seit Jahren derart stark für Kabbalah-Magie; und kaum eine zweite setzt sie derart konsequent um: Privat, so munkelt man, lässt sich Madonna nur noch „Esther“ nennen und geht sogar auf Pilgerreisen: 2004 nahm sie am internationalen Kabbalah-Kongress in Tel Aviv teil und betetet am Grab des Mystikers Yehuda Ashlag.

Ein weltweiter Trend: Unter Stars und Sternchen in Hollywood, London oder Berlin hat der Glaube Konjunktur – an wen oder was auch immer. Platz ist für vieles, und – so scheint es – je exotischer, desto besser. Wem Kabbalah-Mystik nicht zusagt, der sucht eben woanders: Ob im Buddhismus wie Schauspieler Richard Gere und Sängerin Tina Tuner. Oder bei der Scientology-Sekte wie John Travolta und Elvis-Witwe Priscilla Presley.

Auch christliche Überzeugungen, lange Zeit eher belächelt, genießen neues Ansehen – eine Wende, die spätestens mit Mel Gibsons Millionen-Dollar-Erfolg „Die Passion Christi“ vollzogen war. Nicht nur der Filmemacher selbst bekennt sich seit Jahren freimütig zum Evangelium, auch der jüngste Sproß des berühmten Baldwin-Schauspielerclans, Stephen Baldwin, oder Texas-Ranger Chuck Norris sind von Jesus Christus überzeugt. Berufliche Nachteile muss deshalb in der Traumfabrik mittlerweile kaum jemand mehr fürchten. Im Gegenteil: Hollywood hat in den Christen des Landes eine neue Dollar-bringende Klientel gewittert und ist eifrig dabei, brauchbare Filmstoffe für die fromme Fangemeinde ausfindig zu machen.

Glaubt man dem Journalisten Ray Comfort, hat ein wahrer Paradigmenwechsel stattgefunden. In seinem Buch „What Hollywood believes“ (Was Hollywood glaubt) schreibt er: „Vor Gibsons Passions-Film hätte jede Bemerkung über Glauben oder Religion eine Karriere killen können. Aber jetzt ist die Katze aus dem Sack.“ Und egal, wie sehr es die Europäer noch immer befremden mag – jenseits des großen Teichs ist es längst Realität: Religion ist angesagt; mehr noch: sie ist Teil der modernen Populärkultur.

Wohin mit der Gretchenfrage?

Nun sind religiöse Statements – ob privat oder in der Öffentlichkeit – in den USA keine Ausnahme. Und ebenfalls keine Ausnahme ist die Häme, mit der zahlreiche europäische Intellektuelle – allen voran die deutschen – derart „vormodernen“ Bekenntniseifer missbilligen und gerne mit viel aufgeklärtem Unbehagen kommentieren.

Doch allen Kritikern zum Trotz: Auch in Deutschland zeichnet sich bezüglich des Glaubens eine Trendwende ab. Ohne Zweifel hat auch der islamistische Schock das Seine dazu beigetragen, dass man sich landauf landab wieder verstärkt fragt, worauf denn eigentlich die eigenen Werte fußen und ob ein christlicher Gottesbezug in der EU-Verfassung nicht doch Sinn machen würde. Doch in erster Linie ist es wohl eher die Leere, die das jahrelange Leugnen alles Übernatürlichen hinterlassen hat, die bei immer mehr Zeitgenossen eine neue Glaubensbereitschaft aufflackern lässt. Jedenfalls freute sich der EKD-Ratsvorsitzende, Bischof Wolfgang Huber, auf dem letzten Evangelischen Kirchentag darüber, dass es „kaum einen kulturellen oder gesellschaftlichen Bereich“ gebe, „in dem man nicht die Wiederkehr des Religiösen beobachten“ könne. Ob auf dem Fußballplatz oder sonst wo: Man bekennt sich wieder. Gerade in der Welt des runden Leders stehen immer mehr Größen offen zu Jesus Christus, wie zum Beispiel der Stuttgarter Cacau oder Schalke-Kicker Gerald Asamoah. Oder auch in der Musikbranche: Bereits seit Jahren richtet der Mannheimer Soulsänger Xavier Naidoo viele seiner Lieder eindeutig an Gott und hat trotzdem – oder gerade deshalb? – Erfolg.

Ganz so ungeniert in punkto Glaubensstatements verhalten sich – zugegeben – nur die wenigsten. Haftet doch der berühmten Gretchenfrage („Sag, wie hältst du’s mit der Religion?“) hierzulande immer noch ein Hauch von Tabu an. Andererseits ist kaum zu übersehen, dass auch bei Johannes B. Kerner und Kollegen der Plausch mit den Prominenten ganz im Zeichen des neuen Religionsinteresses immer wieder einmal auch in Richtung Gott abwandert. Die Medien haben längst begriffen: Spirituelles ist gefragt, also wird Spirituelles geliefert.

Einer der geübtesten Prominenten-Talker, wenn es um Glaubensdinge geht, ist der Theologe und Journalist Hanno Gerwin. Seit rund acht Jahren moderiert der Geschäftsführer des Evangelischen Rundfunkdienstes Baden die Fernsehsendung „Gerwin trifft ...“, die überwiegend auf lokalen Privatsendern in Baden läuft und seit gut einem Jahr zusätzlich im digitalen Fernsehkanal „Bibel-TV“. Im Rahmen der Sendung hat Gerwin bisher fast 200 Prominente aus Showwelt und Politik – von Sir Peter Ustinov bis Otto Schily – zu ihrem Glauben befragt. Und dabei festgestellt, dass „mehr Prominente an Gott und Jesus Christus glauben, als wir meinen“.

Zwei andere, die es sich ebenfalls zum Ziel gesetzt haben, den tieferen Überzeugungen der Stars auf den Zahn zu fühlen, sind der Theologe und Journalist Günther Klempnauer und die Journalistin Susanne Raubold. In ihren Büchern (Klempnauer: „Suche nach Sinn, Sehnsucht nach Gott“; Raubold: „Wir glauben“) kommen Johannes Heesters und Katja Ebstein ebenso zu Wort wie Gesine Schwahn und Gloria von Thurn und Taxis. Und auch diese beiden haben bei ihren Recherchen immer wieder mit Erstaunen festgestellt, dass die Berühmten und „Großen“ unserer Gesellschaft nicht selten spüren, dass es irgendwo noch etwas deutlich Größeres gibt.

Was glauben die Stars?

Doch was genau glauben die Stars nun? Beten sie regelmäßig? Und wenn ja, zu wem? Was denken sie über die Bibel? Gibt es eine bestimmte Vorstellung von Gott, womöglich gar eine christliche? Wer sich die Aussagen prominenter Zeitgenossen näher anschaut, der bemerkt, dass für viele der Glaube an Übernatürliches eine zentrale Rolle spielt. Auch dann, wenn sie ihn (noch) nicht fest umreißen können. Viele sehen sich als Suchende, deren tiefer Wunsch, glauben zu können, von scheinbar übermächtigen Zweifeln boykottiert wird. Andere streiten auf gut lutherische Art mit ihrem Schöpfer und haben noch längst nicht alle Fragen ausgelotet. Und wieder andere haben genaue Vorstellungen von dem, mit dem sie reden und gestalten aus einer lebendigen Gottesbeziehung heraus ihren Alltag.

GOTT

Zum Beispiel der Musiker Xavier Naidoo. Er gehört zu den wenigen Prominenten, die eine eindeutig christliche Gottesauffassung haben. 1992 fand er durch das Lesen der Bibel zum Glauben. Er geht „von einem lebenden Gott aus“ zu dem „Jesus Christus die Tür ist“. Naidoos Lebensinhalt: „Ich bin einfach nur da, um Gott zu loben, ihn tagtäglich zu suchen und zu finden.“

Auch die inzwischen verstorbene Country-Legende Johnny Cash fand nach vielen Abstürzen zum Glauben an den persönlichen Gott, wie er sich in Schöpfung und in der Bibel vorstellt. Aus diesem Glauben zog er gerade in den Tälern seines Lebens viel Kraft: „Ich habe Gott nie in Frage gestellt. Ich bin den ganzen Weg durch dieses Leben mit Gott gegangen. Deshalb hatte ich keine Angst. Ich habe mich nie vor irgendetwas gefürchtet, überhaupt nicht. Das kann ich ehrlich sagen.“

Ex-Schwimmprofi Franziska von Almsick hingegen weiß noch nicht so recht, was sie glauben soll. Als Kind der DDR atheistisch aufgewachsen, hat sie angefangen, ab und zu in der Bibel zu lesen. Glaube findet sie wichtig – doch wer Gott nun genau ist, vermag sie nicht zu definieren und meint: „Ob man nun an den Gott aus der Bibel glaubt oder an einen anderen, ist völlig egal. Ich glaube, es ist etwas Wunderschönes, wenn man überhaupt glaubt.“

JESUS CHRISTUS

Nicht alle sehen in ihm ihn ihren persönlichen Erlöser, aber unberührt lässt Jesus Christus fast keinen der Stars. Quasselstrippe und streitbare Feministin Hella von Sinnen glaubt zwar nur „an eine göttliche Macht, die eher weiblich ist“. Doch Jesus Christus empfindet sie als sehr positive Figur. In ihrer CVJM-Zeit in den 70er-Jahren spielte er eine große Rolle für sie: „Jesus war cool drauf, er war für uns ein Held. Wir fanden ihn sehr menschlich und er hat uns sehr, sehr gut gefallen.“

Der U 2-Sänger Bono hingegen findet deutliche Worte dafür, wer Jesus Christus in seinen Augen ist: „Allein der Gedanke, dass eine Macht der Liebe und Logik für die Entstehung des Universums verantwortlich ist, überwältigt einen. Aber der Gedanke, dass es genau diese Liebe und Logik war, die sich uns in einem Baby vorstellt, das in Stroh und Armut geboren wurde, zwingt mich förmlich auf meine Knie! Ich staune einfach darüber. Das ist der Grund, warum ich glaube.“

GEBET

Wie auch immer die Prominenten zu Gott oder Jesus Christus stehen, das Gebet spielt für fast alle von ihnen eine zentrale Rolle. Vor allem in Zeiten der Not suchen viele die Kraft, die aus dem Reden mit Gott entspringt. So bekannte Popsängerin Nena in einem „Bild“-Interview, dass sie oft von Todesängsten geplagt werde, aus denen sie selber nicht mehr herauskomme. In solchen Momenten würde sie auch mit Gott sprechen: „Ich bete und weiß, dass ich nie allein bin, nie verloren und verlassen. Ich glaube an Gott und an Jesus.“

Englands Pop-Import Robbie Williams scheint eher verwirrt, was Gott und Gebet betrifft. Hatte er gegenüber einer britischen Tageszeitung noch geäußert, Gott habe ihm in den letzen Jahren geholfen, seine Laster in Zaum zu halten, erklärte er vor wenigen Wochen im „Stern“, dass er aufgehört habe, zu beten, weil er sich zu oft gefragt habe: „Mit wem spreche ich da eigentlich? Was kann er für mich tun? Wofür muss ich mich eigentlich jeden Tag bedanken? Irgendwann ist mir an der Gebetsfront der Saft ausgegangen.“

Dieter Kürten hingegen weiß, mit wem er spricht. Der ehemalige „Mr. Sportstudio“, der früher gerne den Tag mit der gesamten Redaktions-Mannschaft mit einem Gebet begonnen hätte, startet sein Gespräch mit Gott bereits am Frühstückstisch. Für den Christen Kürten hat das Gebet mehrere Funktionen: Es erneuere seinen Bund mit Gott und ihm selbst werde dabei bewusst, was es in seinem Leben Schönes gebe: „Mann wird nicht direkt glücklich durch das Beten, aber man übt die Bereitschaft dafür, das Glück wahrzunehmen.“

BIBEL

Am Anspruch der Bibel das inspirierte „Wort Gottes“ zu sein, haben viele Stars noch zu knabbern. Doch für ein wichtiges und auch interessantes Buch halten es die meisten. Für den Moderator Jörg Pilawa jedenfalls ist die Bibellese ein fester Bestandteil seines Lebens. Besonders das Alte Testament findet der Quizmaster „ungeheuer faszinierend“ und er legt daher nicht selten zu Hause oder während langer Autofahrten eine Bibel-CD ein. Besonders bei der akustischen Bibellektüre könne er wunderbar entspannen, weshalb er jedem rät, es ihm gleichzutun: „Kann ich nur empfehlen, ist besser als fernsehen.“

Hoch im Kurs steht die Bibel auch bei Tagesthemen-Chef Ulrich Wickert. Er wiss zwar nicht, ob es einen Gott gibt, hält aber die Religionen für wichtige Elemente, weil sie den Menschen Antworten gäben, die die Wissenschaft allein ihnen nicht geben könnte. Dabei ist die Bibel für ihn Referenzbuch für die westliche Kultur: „Die Bibel ist ein absolut spannendes Buch, die Basis für einen großen Tel der Kultur in der westlichen Welt. Man kann keine Kirche verstehen ohne die Bibel, und auch einen Großteil der Malerei und der Literatur nicht.“

TOD

Für die Mitte November verstorbene Schlagersängerin Hanne Haller, die mit ihren letzten beiden Alben, auf denen sie christliche Texte darbot, Erfolge beim eher gesetzten Publikum feierte, war „Jesus Christus nicht nur Menschensohn, sondern auch Gottessohn“. Daraus schöpfte sie auch die Gewissheit, was den Tod betrifft: „Wenn Jesus Christus die Auferstehung und das Leben ist, dann glaube ich auch an seine Abschiedsworte: ,Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen, die für euch bereitstehen.’ Ich habe keinen Zweifel daran. Warum sollte er uns belügen?“

Ex-Modern Talking-Sänger Thomas Anders, der sich intensiv mit Esoterik beschäftigt hat, glaubt fest daran, dass es nach diesem Leben irgendwo weitergeht. Nur wie das aussehen soll, kann er nicht genau sagen: „Ich komme nicht als Regenbogen wieder, das weiß ich. Ich glaube auch nicht, dass wir als Tiere wiedergeboren werden. Mann muss ganz klar trennen: Wir haben eine Seele, also eine Energie. Diese seelische Energie wird weiterleben, in welcher Form auch immer, aber nicht als Regenwurm.“

Eine neue Chance

Es scheint, als spiegele sich in einem Großteil der Aussagen am Ende also das, was der Journalist Michael Naumann mit Recht in der „Zeit“ mutmaßte. Nämlich, dass ein fast entchristliches Deutschland zwar voller Glaubenswille, aber ohne erkennbares Ziel ist. Und dass Gott selbst für viele Kirchentreue „gesichtslos geworden“ und längst nicht mehr ein persönliches Gegenüber im Gebet ist, sondern „passiver Zuschauer“, eine abstrakte Kraft und nicht mehr.

Zwar geben immerhin mehr als zwei Drittel der Deutschen an, an Gott zu glauben, aber nur ein kleinerer Teil davon bezieht sich auf die christliche Definition eines personalen, „dreieinigen“ Gottes. Ist damit die so oft proklamierte Wiederkehr des christlichen Glaubens in Wirklichkeit bloß die Neuentdeckung eines religiösen Gefühls? Unverbindlich, individuell und ohne eine letzte Wahrheit – ganz im Sinne unserer individualistisch aufgespalteten Kultur? Oder hat der christliche Glaube auch inmitten des spirituellen Sumpfes eine echte Chance?

Undenkbar ist es jedenfalls nicht. Ein guter Anfang wäre schon gemacht, wenn überzeugte Christen sich nicht mehr nur darauf beschränken würden, den Verfall zu beklagen. Sondern endlich erkennen würden, dass sich selbst hinter der diffusesten Spiritualität eine echte Gottessehnsucht verbergen kann.

So wie Paulus. Als der Apostel nach Athen kam und durch den „Götterpark“ der Stadt schritt, entdeckte er einen leeren Altar, den die religions- und philosophieverliebten Athener „dem unbekannten Gott“ gewidmet haben. Doch statt den ausgeprägten Hang der Griechen zur religiösen Beliebigkeit mit scharfen Worten zu verurteilen, lud Paulus seine Zuhörer zum Mitdenken ein. Und holte sie dort ab, wo sie standen: in ihrer Sehnsucht nach einer übernatürlichen Begegnung. Nach einer Spiritualität, die Leib, Seele und Verstand erfasst. Nach gültigen Antworten. Nach einem Gegenüber. Nach einem Held, einem Erlöser. Nach dem lebendigen Gott.

Ganz ohne Zweifel täte die heutige Christenheit gut daran, Paulus’ berühmte Rede aus Apostelgeschichte 17 einmal eingehend zu studieren. Und es ihm gleich zu tun: seiner hohen Sensibilität gegenüber Fragen der Zeit; seiner Empfindsamkeit gegenüber den Sehnsüchten seiner Zeitgenossen; seiner Liebe für die Menschen; aber auch seiner Eindeutigkeit bezüglich Jesus Christus und seines Anspruchs. Noch ist nichts verloren. Und vieles kann neu gewonnen werden.

Datum: 23.10.2006
Autor: Sabine Müller
Quelle: Neues Leben

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