Der Staranwalt und die Bibel

«Ich verteidige Menschen, nicht Delikte»

Valentin Landmann gilt als der schillerndste Anwalt der Schweiz. Wenig bekannt ist, dass der Verteidiger von Mördern, Figuren der Unterwelt und des Rotlicht-Milieus eine Bibel im Büro hat, die er oft zur Hand nimmt.
Valentin Landmann
Valentin Landmann

Valentin Landmann hat sich von einem staatstreuen und an das perfekte Funktionieren von Behörden und Justiz glaubenden jungen Mann in einen Strafverteidiger verwandelt, der von einem unbändigen Sinn für Gerechtigkeit angetrieben wird. Er verteidigt auch den Schweizer Spion, der in Deutschland verhaftet wurde. So kam es am Donnerstag zum Tagesgespräch auf Radio SRF 1.

Er schilderte dabei seinen legendären Besuch als junger Anwalt in der Unterweltszene in Hamburg. Die dabei gemachten Erlebnisse hätten seine geplante Karriere als Rechtsprofessor auf den Kopf gestellt. Ihn hätten nach dem Kontakt mit der Unterwelt die Menschen darin bewegt, die nie mit behördlicher Gerechtigkeit rechnen könnten. Er schredderte seine schon fast fertige Habilitationsschrift und nahm sich Menschen an, die in Konflikt mit Behörden und Gesetz kamen. Er verschaffte sich alsbald den Ruf eines Fürsprechers der Hells Angels.

«Ich verteidige Menschen, nicht die Tat»

Seither machte er immer wieder Schlagzeilen als Verteidiger von Zuhältern, Mördern, Gangstern oder schwierigen Jugendlichen wie Carlos. Obwohl es schreckliche Taten gebe, interessiere er sich für den Menschen, der hinter einer Tat stehe, bekräftigt er immer wieder. Der Mensch interessiert ihn, mit allen seinen Abgründen. Er betont: «Ich habe noch nie im Leben ein Delikt verteidigt – Ich verteidige Menschen!» Dabei interessiert er sich, wie zum Beispiel ein junger Mann zum Gewalttäter oder gar zum Terroristen geworden ist. Denn eigentlich gehöre zuerst der Hassprediger, der den jungen Mann beeinflusst habe, auf die Anklagebank.

Die Lutherbibel neben dem Pult

Landmann begründet sein Interesse am Menschen und seiner Geschichte – ungefragt – mit seinem evangelisch-reformierten Glauben und sagt unvermittelt: «Ich habe eine Bibel neben meinem Pult im Schrank, eine schöne Lutherbibel – und ich nehme sie sehr oft hervor.» Das protestantische Christentum habe er, der in einem jüdischen Haus aufwuchs, bewusst gewählt, weil vieles in seiner persönliche Überzeugung darauf aufbaue.

Zum Thema:
Glaube und Recht: «Gott will eine gerechte Gesellschaft»
Öffentlich Christ sein: «Man macht nicht sich selbst zum Massstab aller Dinge»
Christliche Juristen und Medien: «Gott geniesst keinen Schutz»

Datum: 08.05.2017
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

Werbung
Livenet Service
Werbung