Vor 350 Jahren starb Blaise Pascal

Der Glaube ist Risiko und Abenteuer

Er gilt als Logiker des Christentums. Der Mathematiker und Philosoph Blaise Pascal versuchte im 17. Jahrhundert eine Versöhnung zwischen Denken und Glauben. Vom Gott der Philosophie findet er zum Gott des Glaubens.
Blaise Pascal: Philosoph, Mathematiker und Christ.

Ständig trug Blaise Pascal eine Uhr im Ärmel. Blaise Pascal (1623-1662) war ein hektischer Feuerkopf, zerfahren, immer auf dem Sprung. Hastig, mit fliegender Ungeduld warf er seine Notizen auf das Papier, formulierte dabei aber ungeheuer treffsicher. Das kühle Talent des Mathematikers, den klaren Scharfsinn des Philosophen verband er mit dem Blick des Dichters. Vor 350 Jahren, am 19. August 1662, starb er in Paris.

«Ein Schilfrohr, das denkt»

Von allem habe er die Ursache wissen wollen, erinnert sich später seine Schwester. Das zwölfjährige Wunderkind - geboren 1623 in Clermont-Ferrand im Herzen Frankreichs, aufgewachsen in Paris - begründet mit ein paar einfachen Stäben und Ringen die Lehrsätze des Euklid neu. Mit 16 Jahren schreibt er eine Abhandlung über Kegelschnitte, die als bedeutendste seit der Antike gilt. Mit 18 erfindet er eine Rechenmaschine, die ihn in ganz Europa berühmt macht.

Doch am meisten fasziniert den universal begabten und interessierten Wissenschaftler das rätselhafte Wesen Mensch, sein Platz in der Schöpfung. Was ist er denn schon, dieser vergängliche Erdenwurm, verloren in der Weite des Alls, ein erbärmliches Ende vor Augen, «mit einigen Schaufeln Erde über dem Kopf», fragt Pascal, und gibt selbst die Antwort: «Nur ein Schilfrohr, das Zerbrechlichste in der Welt - aber ein Schilfrohr, das denkt.»

Jesus entdeckt

In der Nacht des 23. November 1654 bricht eine Erfahrung über ihn herein, die sein ganzes Leben verändert: eine religiöse Erweckung. Pascal notiert sein Erlebnis auf einem Zettel, den er - im Rockfutter eingenäht - ständig bei sich trägt: «Von ungefähr abends zehneinhalb bis ungefähr eine halbe Stunde nach Mitternacht: Feuer. Gott Abrahams, Gott Isaaks, Gott Jakobs, nicht der Philosophen und der Gelehrten. Gewissheit, Empfinden. Freude. Friede. Gott Jesu Christi.»

Pascal verabschiedet sich vom staubtrockenen Gott der Philosophie, um den lebendigen Gott des Glaubens zu entdecken. Dabei ist er ein sehr moderner Christ, weil er zum Glauben nicht über ein Dogma, sondern über seine skeptische Welterfahrung kommt - und weil er das Problem auszuhalten sucht, dass vieles nicht vollkommene Abwesenheit noch eine eindeutige Anwesenheit» einer Gottheit erkennen, «wohl aber die Gegenwart eines verborgenen Gottes».

«Glaube ist vernünftig»

In messerscharfen Gedankengängen bemüht sich der Mathematiker, seinen Zeitgenossen nachzuweisen, dass der Glaube vernünftig, sinnvoll, ja sogar notwendig ist. Pascal gehört zu den frühen Pionieren einer Versöhnung zwischen Denken und Glauben. Er nennt eine Religion «lächerlich», die gegen die Grundforderungen der Vernunft verstossen wollte.

Obwohl Pascal zusehends wegen einer Krankheit schwächer wird, verzichtet er auf jede Unterstützung, nimmt einen bettelarmen Kranken zu sich, den er liebevoll pflegt. Im Jahr seines Todes noch gründet er - ganz der Feuerkopf mit brennendem Interesse an allen technischen Neuerungen - die erste Pariser Omnibuslinie, gezogen von Pferden. Das gemeinnützige Unternehmen gilt heutigen Forschern als erste Aktiengesellschaft Europas.

Die Wette

Pascal verlangt auch Respekt vor den «Gründen des Herzens, die der Verstand nicht kennt». Der Glaube bleibt für ihn ein Risiko, ein Abenteuer. Es überrascht nicht, dass dieser durch und durch von der Vernunft geprägte Skeptiker das Problem des Glaubens im Bild einer Wette abhandelt: «Wägen wir Gewinn gegen Verlust für den Fall, dass wir auf (...) die Existenz Gottes setzten. Schätzen wir beide Möglichkeiten ab: Gewinnen Sie, so gewinnen Sie alles. Verlieren Sie, so verlieren Sie nichts. Setzen Sie also, ohne zu zögern, darauf, dass er ist (siehe Link unten: Die Wette des Blaise Pascal).»

Am 19. August 1662 stirbt Blaise Pascal im Alter von 39 Jahren. «Möge Gott mich nie verlassen», sollen seine letzten Worte gewesen sein.

Erst nach dem Tode Blaise Pascals werden etwa 1000 Blättern gefunden, die als «Pensées» berühmt wurde. Zum Todestag des Autors hat der Philosoph Eduard Zwierlein eine neue Anordnung dieses Werks vorgelegt. Er bezeichnet sie als «Editionsrätsel aus tausend Notizzetteln».

Buch zum Thema:
Blaise Pascal: Gedanken (Kommentar von Eduard Zwierlein)

Zum Thema:
Die Wette des Blaise Pascal
Tipps für einen überzeugenden Glauben

Datum: 20.08.2012
Autor: Bruno Graber
Quelle: Livenet / epd / Deutschlandfunk

Publireportage
Werbung
Livenet Service
Werbung