Schicksal einer Nordkoreanerin

Sie dachte, das Christentum hätte ihren Onkel getötet

Wie viel ist uns unser Glaube Wert? Würden wir unser Leben aufs Spiel setzen, nur um unserer Familie zu berichten, dass wir zum Glauben an Jesus Christus gekommen sind? Für Myoung-Hee* war das keine Frage: Ihre Familie musste wissen, dass sie Christ war – und deshalb ging sie von China zurück nach Nordkorea, wo Gefängnisaufenthalt oder gar der Tod auf sie warteten.
Myoung-Hee

Dabei war sie selbst geschockt gewesen, als sie Jahrzehnte zuvor herausfand, dass die Mehrheit ihrer Familie Christen waren. Sie war noch sehr jung, als sie erfuhr, dass ihr Onkel wegen seines Glaubens hingerichtet worden war. Und so weihte man sie in das Familiengeheimnis ein: Fast alle Verwandten gehörten zum Christentum. Myoung-Hee war augenblicklich klar: Die Religion hatte ihren Onkel getötet – und mit so einem Glauben wollte sie nichts zu tun haben. «Ich wollte mein normales Leben zurück haben und so konzentrierte ich mich auf die Schule.»

Verkauft

Sie verbrachte viel Zeit in der Bibliothek, insbesondere die russischen Schriftsteller gefielen ihr gut. Hier lernte sie eine Welt kennen, die man ihr in der Schule verschwieg – eine Welt ausserhalb Nordkoreas. Sie wollte mehr erfahren, doch wusste sie, dass Fragen sie nur in Gefahr bringen würden. Also wartete das Mädchen bis nach dem Abitur und fand schliesslich eine Möglichkeit, das Land zu verlassen. Sie kam bis an die Grenze, überquerte schwimmend den Grenzfluss und trampte auf chinesisches Gebiet. Doch dann lief ihr Plan schief: «Ich wurde von Menschenhändlern aufgefangen und an einen chinesischen Bauern verkauft. Er behandelte mich nicht so schlimm, wie es andere nordkoreanischen Frauen erlebt haben. Wir bekamen ein Kind, aber ich fühlte mich in seiner Familie einfach nicht zu Hause.»

Für Jesus entschieden

Ihre Schwiegermutter lebte ebenfalls bei ihnen und verhielt sich – wie es die Nordkoreanerin empfand – oft sehr verdächtig. «An manchen Tagen ging sie weg, ohne zu sagen wohin. Und eines nachts folgte ich ihr. Es war ein langer Weg, bis sie an einen Ort kam, an dem ein Treffen stattfand. Ich rief sie und sie war überrascht, mich zu sehen, lud mich aber dennoch zum Treffen ein. Es war ein christlicher Gottesdienst. Dabei war ich doch so gegen das Christentum gewesen. Aus Neugier entschied ich mich, zu bleiben. Und letztlich wollte ich sogar noch mehr über Gott erfahren…» Sie ging weiter zu den Treffen, bis sie sich eines Tages für den Glauben entschied, der sie noch vor kurzer Zeit so abgestossen hatte. Doch jetzt erkannte sie, wieso so viele Verwandte Christen waren – und nahm Jesus in ihr Leben auf.

Zurück zum Feind

Das wollte sie nun aber auch ihrer Familie in Nordkorea erzählen. Ihre chinesische Familie versuchte, sie daran zu hindern, aber letztlich reiste sie doch. Schon an der Grenze begannen die Probleme. Eine Militär-Patrouille verhaftete sie und brachte sie ins Gefängnis. «Als ich sah, wie andere Gefangene und ich behandelt wurden – als ob wir keine Menschen wären –, war ich kurz davor, aufzugeben. Ich machte mir grosse Sorgen und dachte, dass ich meine Familie wohl nie wiedersehen würde.» Aus dem neugefundenen Glauben zog sie jedoch Hoffnung und Kraft, sagte sich auswendig gelernte Bibelverse auf.

Wieder vereint

Nach einigen Monaten wurde sie in ein Lager gebracht, das ihrem Zuhause näher war – und das weniger Sicherheitsvorkehrungen hatte. «Eines Abends waren die Wächter betrunken und hatten die Türen nicht verschlossen. Ich schlich mich nach draussen und rannte…» Sie lief so schnell sie konnte und hielt nicht an, bis sie bei sich zu Hause war. «Es war das freudigste Erlebnis meines Lebens. Wir waren so glücklich, uns wiederzusehen. Und zum ersten Mal beteten wir Gott gemeinsam als Familie an.»

Gebet für Nordkorea

Doch sie blieb nicht lange – sie wollte auch ihrem Mann und dem gemeinsamen Sohn in China vom Evangelium erzählen und kehrte zu ihnen zurück. Heute leben sie gemeinsam in Südkorea. Beide sind mittlerweile Christen. «Es gibt so viele christliche Eltern in Nordkorea, die ihren Kindern nichts von ihrem Glauben erzählen können. Das bricht mir das Herz – ich war auch ein Opfer davon. Aber dank des Gebets anderer habe ich Gott letztlich doch gefunden. […] Meine Lebensgeschichte bezeugt die Macht des Gebets. Und ich hoffe, es ruft alle Christen dazu auf, dafür zu beten, dass Gott Gnade und Gerechtigkeit nach Nordkorea bringt.»

*Name aus Sicherheitsgründen geändert

Zum Thema:
Der Tortur getrotzt: Buch über nordkoreanische Christen
Hunger, Hoffnung und Heil: Joseph Kim: Wie er auf der Flucht Hoffnung fand
Die andere Seite der Repression: Nordkorea: Trotz 70 Jahren Verfolgung lebt die Kirche
Flucht aus Nordkorea: Die Zehn Gebote führten sie zu Gott

Datum: 19.04.2017
Autor: Rebekka Schmidt
Quelle: Livenet / World Watch Monitor

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