Pantomime mit starken Worten

Carlos Martinez sagt mehr als 2,4 Millionen Worte

Der spanische Künstler Carlos Martínez sagt pro Bühnenauftritt fast 2,5 Millionen Worte ohne zu sprechen. Der Pantomime berührt unter anderem mit seinem jüngsten Programm namens «Fata Morgana». Eine Reise durch das vielfältige Schaffen des westeuropäischen Mimen.
Carlos Martínez
Carlos Martínez ohne Schminke

Ein Bild sagt mehr als 1'000 Worte, sagt Carlos Martínez im Gespräch mit «Livenet». Bei 40 Gesten pro Minute wären dies 40'000 Worte. «Wenn man dies auf ein Abendprogramm hochrechnet, sind es mehr als 2'400'000 Worte. Aber es gibt auch Worte, die auch in 1'000 Gesten nicht gezeigt werden können, zum Beispiel das Wort 'Danke'.»

Sein jüngstes Programm, das im Herbst auch auf einer ausgedehnten Tour durch die Schweiz zu sehen ist, heisst «Fata Morgana». Die Show war in mehreren Ländern zu sehen, jetzt kommt sie zurück in die Schweiz, wo einst die Premiere war. Inzwischen war Martinez mit der Darbietung unter anderem in England, Schweden, Frankreich und Deutschland auf der Bühne.

Muskeln erinnern sich

Daneben zeigt der Künstler auch früher einstudierte Shows. «In Spanien und Italien ist derzeit 'Human Rights' gefragt. In Spanien musste der richtige Moment dafür kommen.» Welche Show bevorzugt wird, sei von Land zu Land verschieden. In manchen sei zum Beispiel das Programm zur Bibel gefragter.

Carlos Martínez bietet sechs verschiedene abendfüllende Programme. Das sei nicht schwierig. «Die Muskeln 'erinnern' sich gut», sagt der Pantomime. «Manchmal erinnert sich nicht mein Hirn, sondern meine Muskeln. Wenn ich eine Show ein Jahr lang nicht mehr gemacht habe, realisiere ich, dass ich noch viel mehr Gesten einbauen kann. Das macht sie lebendig.» Die dargestellten Charaktere wachsen an Erfahrung und Gesten. «Nach der 'Human Rights'-Show kann ich, wenn ich danach 'Bible' spiele, etwas neu Gewonnenes einbauen und umgekehrt. All die Shows sind mit mir und meinem Leben verbunden.»

Psalm 23

Immer gern stelle er den Psalm 23 dar. «David ist der Autor. Am Anfang spricht er über Gott. In der Mitte des Psalms spricht er dann plötzlich mit Gott. Zunächst heisst es: 'Der Herr ist mein Hirte …', dann kommt der Moment wo er sagt: 'Du sorgst dich um mich …'. Also nicht mehr 'er wird mich versorgen'.»

In der Bibel sei das Wichtigste die Beziehung mit anderen und mit Gott. «Deshalb spiele ich den Psalm 23 sehr gern. Besonders ist, dass es eines meiner wenigen Stücke ist, in denen man die Worte über Lautsprecher hört. Ich habe nur zwei solche Stücke. Man hört ihn und sieht, was ich tue.» Entstanden war dies, als ein Poeme (Poet/Dichter) eines Tages krank wurde und nicht mehr sprechen konnte. «Er gab seinen Text einer anderen Person (einem Sklaven), die dann das Gedicht sprach und er fügte die Gesten dazu. Das ist eine Legende. Darüber spricht die Geschichte. Es war Livius Andronicus, der Gesten zu Worten machte. «Um ihn zu ehren, wollte ich ein Pantomimestück mit Worten machen. Das beste Gedicht war dieser Psalm.

Mit diesem Pantomimestück zu Psalm 23 verbindet Carlos Martínez auch persönlich tiefe Emotionen. «Es war das letzte Stück, das meine Mutter sah, danach hatte sie eine Operation und starb im Spital. Darum ist dieses Stück auch stark verbunden mit meiner Mutter.»

Akteur, nicht Aktivist

Bei «Fata Morgana» dreht sich nun vieles ums Wasser. Vertreter verschiedener Organisationen sahen das Werk und hätten ihn nun kontaktiert. «Ich bin aber ein Akteur und nicht ein Aktivist. Nach der Show kommen Leute und fragen: 'Was kann ich tun, wie kann ich helfen?' Ich antworte, dass sie jemanden kontaktieren können, der in diesem Themenfeld arbeitet.» Er habe die Show nicht entwickelt, weil eine NGO ihn darum gebeten hätte. Auch das Bibel-Programm habe er nicht wegen der Bibelgesellschaft entwickelt, sondern weil er es wollte. «Mein Wirken ist für das Publikum gedacht und nicht für NGOs. Es ist eine Performance. Ich will, dass die Leute kommen, um Freude zu haben, zu lernen und mit einem Lächeln heimzugehen. Und nicht mit einer Schuld auf den Schultern.»

Interessant sei, dass Organisationen auf ihn zu kommen, und zusammenarbeiten wollen. «'Amnesty International' war sehr an meinem Programm 'Human Rights' interessiert.»

Auch in Schulen tritt Martínez oft auf. Eine andere Anekdote auf einer Schule war, als der Moderator bei der Vorstellung fragte: «Hallo Kinder, ein Mime kommt. Wisst ihr, was das ist?» Ein Kind antwortete: «Ja, das ist jemand, der eine Pille nimmt und dann still ist.» Martínez: «Vielleicht sollte es diese Pille geben …» Er muss es wissen, schliesslich ist er auf der Bühne einen Abend lang still – und sagt doch fast 2,5 Millionen Worte.

Datum: 10.07.2014
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Jesus.ch

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