Local Shared Ministry

Kirchen ohne Pfarrer und mit wenig Geld zum Aufblühen bringen

Mit Local Shared Ministry (LSM) und Mixed Economy werden in Neuseeland Landgemeinden ohne Pfarrer und mit wenig Geld wieder zu attraktiven und florierenden Kirchgemeinden. Prof. Ralph Kunz von der Uni Zürich erklärte am Freitag in Winterthur, wie das funktioniert.
In der Anglikanischen Kirche von Neuseeland wird das Konzept «Local Shared Ministry» angewendet.
Ralph Kunz

Local Shared Ministry heisst, dass die Dienste und Ämter in einer Kirchgemeinde zwischen angestellten und freiwilligen, aber offiziell eingesetzten Mitarbeitenden verteilt werden. Dahinter steckt die Idee des «Allgemeinen Priestertums aller Gläubigen». In der Anglikanischen Kirche von Neuseeland hat das Konzept ermöglicht, dass viele arme Landgemeinden, die weder einen Priester fanden noch einen bezahlen können, wieder zum Blühen gekommen sind. In der Kirchgemeinde Winterthur-Veltheim erklärte das Pfarrerehepaar Christine Reibenschuh-Maitland und Marcus Maitland, wie das in Neuseeland funktioniert. Und Ralph Kunz, Professor für Praktische Theologie an der Universität Zürich, legte dazu die theologischen Grundlagen.

Ralph Kunz betonte dabei auch die Rolle einer "Mixed Economy", also einem akzeptierten Nebeneinander von verschiedenen Gemeindemodellen, die einerseits der lokalen Situation gerecht werden und die Menschen erreichen können, für welche der Mix stimmt. 

Mündigkeit der Gläubigen ernst nehmen

Ralph Kunz betonte, dass das Erfolgsgeheimnis der neu florierenden Gemeinden in Neuseeland darin liege, dass sie angefangen hätten, den «Laien» zuzutrauen, dass sie das Evangelium bezeugen, die Menschen segnen und ihnen dienen können. Und sie haben erkannt, dass Kirche dort ist, wo Menschen auf Gottes Wort hören und zusammen Gottesdienst feiern. Sie hätten das Geheimnis erkannt, dass es eine Mündigkeit der Gläubigen mit Christus in der Mitte gibt. Und dass es eine goldene Mitte zwischen der Kirche als Heilsanstalt und einer Sekte gebe.

Gabenträger berufen

Kunz erläuterte, dass es auch nach der Reformation eine Tendenz der Kirche zu einer Machtkirche und Heilsanstalt, mit dem Pfarramt im Zentrum, gegeben habe. Local Shared Ministry mache damit Schluss. Das Pfarramt wolle verschiedene Gaben und Dienste in einer Person verbinden, LSM basiere dagegen auf der Berufung von verschiedenen Gabenträgern. Kunz wies dazu auf den berühmten Theologen Rudolf Bohren hin, der zum Entsetzen vieler Pfarrer geschrieben hat, dass es sogar für eine Beerdigung nicht unbedingt einen Pfarrer brauche.

Landeskirche muss über die Bücher gehen

Laut Kunz muss die Landeskirche von der noch immer dominierenden Professionalisierungs- und Zentralisierungsstrategie wegkommen. Es gebe inzwischen genügend Alternativen zum Professionalisierungsmodell. Es gelte jetzt, solche auszuprobieren. Das geteilte Pfarramt sei eine Form der Gemeinde, die es in den Schweizer Landeskirchen noch nicht gibt. Um dieses zu fördern, brauche es eine Rückbesinnung auf das Wesen der christlichen Gemeinde, aber auch Ausbildungsmodelle, wobei an die bisherigen Aus- und Weiterbildungsangebote angedockt werden könnte. Er wies darauf hin, dass in der Anglikanischen Kirche schon heute 50% der Geistlichen «Laienpriester» sind.

Geistliche Quellen fördern

Laut Pfarrer Marcus Maitland erfordert die Einführung von LSM in die Kirche die Bereitschaft, nach den Fundamenten des Glaubens zu suchen, die geistlichen Quellen zu fördern und verschiedene Frömmigkeitsarten zu verstehen. Er forderte eine «Rückbindung an das Evangelium und eine theologische Reflexion», in der die Bibel als Quelle diene, über die reflektiert und auch Bildungsangebote gemacht werden.

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Datum: 21.11.2017
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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