den letzten zwei Jahren haben die in der Reformation entstandenen Kirchen Europas mit den Baptisten Gespräche über das Kirchenverständnis und die Taufe geführt. Als grösstes Hindernis zu einer vertieften Gemeinschaft erwiesen sich dabei – nicht überraschend – die Unterschiede in der Taufpraxis. Das Abschlusspapier des Dialogs ist gleichsam eine europäische Begleitmusik zur Begegnung von Reformierten und Täufern in Zürich.
Die Gemeinschaft evangelischer Kirchen in Europa (GEKE, früher bekannt als Leuenberger Kirchengemeinschaft) und die Europäische Baptistenföderation (EBF) haben seit Herbst 2002 Ansätze für eine „Vertiefung und Erweiterung der bereits vorhandenen Gemeinschaft“ gesucht.
Nun hat der Exekutivausschuss der GEKE das Schlussdokument des Dialogs mit dem Titel „Der Anfang des christlichen Lebens und das Wesen der Kirche” vorgelegt. Es geht zur Stellungnahme an die 103 Mitgliedkirchen, darunter die evangelischen Landeskirchen des deutschsprachigen Raums. Sie werden eingeladen, mit den Baptisten vor Ort in Kontakt zu treten.
In einer ersten Dialogrunde im Jahr 2000 hatten die Baptisten angesichts der fortschreitenden europäischen Integration weitere Gespräche gewünscht, um Richtung „verbindliche Kooperation“ gehen zu können. Als Fernziel wurde aber auch die „Mitgliedschaft in der Leuenberger Kirchengemeinschaft“ genannt. Nun wird in der Kernfrage, der Möglichkeit der Kirchengemeinschaft, die folgende Differenz festgehalten:
Differenz im Kirchenverständnis
„Für die Kirchen der GEKE ist die Einheit als Kirchengemeinschaft gegeben, sobald die Verkündigung des Wortes und die Verwaltung der Sakramente als evangeliumsgemäss wechselseitig anerkannt wird. Ist dies der Fall, muss die Kirchengemeinschaft erklärt werden und die Gemeinschaften erkennen sich wechselseitig als wahre Verwirklichung der einen Kirche Jesu Christi an.
Für Baptisten ist die Zugehörigkeit zum Leib Christi und nicht die Taufe Grund der Einheit. Damit wird das Zeugnis von der Wirksamkeit des Geistes in anderen Gläubigen anerkannt, als Gaben und Früchte dieses Geistes.
Trotz unserer Unterschiede in der Auslegung erkennen wir die Gegenwart der wahren Kirche Jesu Christi untereinander an. Als Christen aus verschiedenen Traditionen können wir das Heilige Abendmahl miteinander teilen und den Dienst derer anerkennen, die als ordinierte Pastoren in den jeweils anderen Kirchen tätig sind.“
Wiedertaufe für reformatorische Kirchen unzulässig
Der Umgang mit der Taufe stellt laut dem Schlussdokument weiterhin „ein bedeutendes Hindernis gegenüber der vollen Verwirklichung der Kirchengemeinschaft“ dar. Zwar können die reformatorischen Kirchen „anerkennen, dass die baptistische Praxis, nur Gläubige zu taufen, die die Taufe begehren und vor der Taufe ein Glaubensbekenntnis ablegen, eine rechte, d.h. dem Evangelium gemässe Form der Taufpraxis ist. Sie halten für sich selbst aber daran fest, dass auch die Taufe von unmündigen Kindern christlicher Eltern eine dem Evangelium gemässe Möglichkeit ist.
„Wenn in baptistischen Gemeinden Gläubige getauft werden, die schon als Säuglinge getauft worden sind, sehen die Kirchen der GEKE das als eine Bestreitung der Gültigkeit dieses Sakraments an. Sie müssen deshalb diese Praxis, die in ihren Augen eine unzulässige Wiedertaufe darstellt, als eine nicht evangeliumsgemässe Verwaltung der Sakramente ablehnen.“
Das Nein der Baptisten zur Säuglingstaufe ohne Folge
Anderseits können die Baptisten nicht jede Kindertaufe als gültig ansehen: „Baptistische Kirchen fühlen sich durch ihr Verständnis des biblischen Zeugnisses dazu verpflichtet, nur die Taufe von gläubigen Jüngern als evangeliumsgemäss zu praktizieren.“
„Viele baptistische Kirchen können die in anderen Kirchen vorgenommenen Taufen von Säuglingen nicht als gültige Taufen anerkennen. Das ist besonders der Fall, wenn auf eine Säuglingstaufe keine christliche Unterweisung gefolgt ist. Sie können es deshalb nicht als ‚Wiedertaufe’ sehen, wenn sie Menschen taufen, die als Säuglinge getauft wurden.“
Trotz Annäherung bleibt ein Gegensatz
Zwar hat es in den letzten Jahrzehnten „auf beiden Seiten Entwicklungen gegeben hat, die zu Annäherungen in der Praxis der Taufe geführt haben. In vielen lutherischen, reformierten, unierten und methodistischen Kirchen in Europa wird nicht mehr die Kindertaufe als der Regelfall angesehen, sondern beide, Kinder- wie Erwachsenentaufe können als angemessen angesehen werden.“ Anderseits werde da und dort in baptistischen Gemeinden eine „offene Mitgliedschaft“ praktiziert.
Trotzdem bleibt für die Gesprächsgruppe, der führende baptistische Theologen und anderseits auch der Tübinger Systematiker Eberhard Jüngel angehörten, ein Gegensatz im Umgang mit der Taufe, „der eine Kirchengemeinschaft (wie sie in der Leuenberger Konkordie definiert ist) ausschliesst“.
Kernfragen und Vorschläge
Punkt 11 des abschliessenden vierten Teils des Dokuments lautet: „Da das einzige Hindernis für eine ‚Kirchengemeinschaft’ in dem Problem der so genannten ‚Wiedertaufe’ besteht, stellen wir den baptistischen Gemeinden in Europa eine Frage: Sind sie in der Lage, jeglichen Anschein einer Wiedertaufe zu vermeiden, wenn Gläubige aus einer Kirche der GEKE, die Säuglingstaufe praktiziert, zu ihnen kommen?“
„Ein Weg könnte der folgende sein: Auch wenn die meisten Baptisten die Säuglingstaufe sicherlich als unangemessen betrachten, könnten sie ihre Gültigkeit nicht ausdrücklich in Frage stellen und in diesen Fällen für die Aufnahme in die baptistische Gemeinde nur ein Bekenntnis des Glaubens verlangen, das den Weg der christlichen Initiation vollständig macht.“
Anderseits fordern die Baptisten die älteren evangelischen Kirchen auf, „die Getauften auf ihrem Glaubensweg mit Gebet, Seelsorge und Unterweisung zu begleiten“. Es geht den Baptisten darum, jeden Anschein zu vermeiden, „dass sie Säuglinge taufen, wo es unwahrscheinlich scheint, dass eine christliche Erziehung folgen wird“.
Europäische Baptisten-Föderation:
www.ebf.org/
Datum: 19.07.2004
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch