Neuer IGW-Lehrgang für Senioren

Damit sie ihre Zeit sinnvoller nutzen

Das Potenzial der über 55-Jährigen wird zu wenig genutzt, meint das Institut für Gemeindebau und Weltmission (IGW) in Zürich. Darum startet es einen Studiengang «Lebensgestaltung nach 55». Am 3. Dezember 2005 führte das IGW in Aarau ein Forum zum Thema durch und stellte den neuen Studiengang vor. Zu den Motiven befragte idea-Chefredaktor Andrea Vonlanthen den IGW-Studienleiter Hansjürg Labèr.
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Hansjürg Labèr verhilft Senioren zu geistlicher Frische.
Kurt Spiess
Marianne Hirzel
Otto Zwygart

idea: Mögen Sie es älteren Semestern nicht gönnen, wenn sie das Leben etwas ruhiger angehen können?
Hansjürg Labèr: Das ist nicht die entscheidende Frage. Es geht darum, wie reife Menschen ihre Berufung weiterleben oder wie sie eine neue Berufung für ihr Leben bekommen können. Jesus sagte ja: «Handelt, bis ich wiederkomme!» Er meint, wir sollten unsere Zeit und unsere Kräfte für ihn einsetzen, solange wir leben. Viele Pensionierte verfügen noch über volle Kraft und viele Ideen. Ihnen wollen wir ein Gefäss anbieten, um sich in wichtigen Fragen weiterbilden zu können.

55-Jährige sind doch höchstens noch als Verwaltungsräte oder in der Politik gefragt.
Dem muss ich widersprechen! Es gibt vermehrt Firmen, die bewusst 55- und 60-Jährige holen, zwar nicht mehr an die Front, aber ins zweite Glied. Hier sollen sie die Funktion des Beraters oder Mentors ausüben und so jungen Leuten zur Seite stehen. Die Bibel sagt nicht umsonst, dass wir geistliche Väter und Mütter in Christus brauchen.

Doch in der christlichen Gemeinde wird mehr und mehr auf die Jugend gesetzt.
Für die Gemeinde muss es eine grosse Herausforderung sein, das Potenzial der Älteren an Lebensweisheit, geistlichen Erfahrungen und gesellschaftlichem Know-how vermehrt zu nutzen.

Soll die neue Ausbildung in erster Linie der Gemeinde dienen?
Keineswegs. Wir möchten den Menschen helfen, ihre Berufung so festzumachen, dass sie auch der Gesellschaft kompetent dienen können. Das kann im missionarischen, ethischen oder diakonischen Bereich der Fall sein.

In der Bibel werden die Alten geehrt, aber nicht noch speziell gefordert und mit Aufgaben eingedeckt.
Interessant, dass Gott in der Bibel junge Menschen in seinen Dienst beruft, aber auch Leute, die wir als Senioren bezeichnen würden. Denken wir nur an Jethro und seine Beratungstätigkeit, an Abraham und seine Führungsaufgabe oder an Daniel als Visionär, und dies im Alter von 90 Jahren. Denken wir auch an Psalm 92,15, wo es heisst: «Noch im hohen Alter wird er Frucht tragen, immer ist er kraftvoll und frisch.»

Und Senioren, die nicht mehr «kraftvoll und frisch» sind?
Auch sie sprechen wir an. Der Studiengang ist modular aufgebaut. Man kann auch als Gasthörer nur einzelne Module besuchen, zum Beispiel «Versöhnung mit dem Leben». Gerade wer gekränkt ist, muss aufpassen, dass er nicht in Bitterkeit gerät.

Wen wollen Sie ansprechen?
Grundsätzlich alle Leute ab 55, speziell Frühpensionierte und Pensionierte, die sich im Reich Gottes investieren wollen. Aber auch jüngere Menschen, die unter dieser Altersgruppe arbeiten möchten.

Sind nur Christen willkommen?
Nein, willkommen ist jedermann, aber die Ausrichtung des Studienganges geschieht klar auf der Basis des Wortes Gottes.

Welche Voraussetzungen muss der Student mitbringen?
Die Bereitschaft, sich mit dem Glauben, Denken und Handeln auseinander zu setzen. Auch die Bereitschaft, genügend Zeit zur Vorbereitung und Nachbearbeitung zu investieren. Ferner die Empfehlung und Unterstützung der Gemeindeleitung oder der Leitung einer Institution.

Welches sind die Schwerpunkte des Studienganges?
Das Studium bietet Grundlagen in Spiritualität, Theologie, Ethik, gesellschaftsrelevanten Themen und Sozial- und Führungskompetenz.

Wie soll ich mir den ganzen Ablauf vorstellen?
Die Interessenten sind zu einem Ausbildungsgespräch willkommen. Im Januar 2006 beginnt das erste Modul. Es sind etwa 15 Module vorgesehen. Jedes Modul verläuft in drei Phasen: Vorbereitung, Präsenz, Nachbearbeitung. Die Kurse finden vor allem im Zentrum «Ländli» in Oberägeri statt. Zum Abschluss wird ein Diplom abgegeben. Dazu müssen zwölf Module à drei Tage besucht werden. Das Ganze dauert zwei bis drei Jahre.

Wer sind die Dozenten?
Es sind lauter Fachleute auf ihrem Gebiet, zum Beispiel Theologen und Praktiker wie Hans Hauzenberger, Rainer Ebeling, Kurt Spiess, Richard Stäheli und andere.

Und die Kosten?
Gasthörer bezahlen pro Tag 80 Franken, eingeschriebene Studenten 165 Franken.

Mit wie vielen Studenten wollen Sie beginnen?
Wir rechnen mit 10 bis 15 Studienanfängern.

Wie profitiert die Gesellschaft von diesem Studiengang?
Sie profitiert, indem ihr mehr Menschen missionarisch, seelsorgerlich oder sozialdiakonisch dienen können.

Und wie profitiert die christliche Gemeinde?
Sie bekommt Mitarbeiter, die ihren Pfarrer oder Prediger entlasten können, die junge Leute begleiten und motivieren, die ein Segen für andere sein werden.

Aber wann können Senioren, die ein Leben lang geschuftet haben, endlich ausspannen?
Die grösste Entspannung liegt doch darin, wenn ein Herz erfüllt ist mit Freude und Frieden und wenn man andere Menschen glücklich machen kann! Der neue Studiengang wird eine Hilfe dazu sein.

Weitere Infos:
www.igw.edu

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Lebensqualität im Alter – Drei Perspektiven

Kurt Spiess, 68, Ex-Präsident der Schweizerischen Evangelische Allianz, Hauptwil TG
Meine Sicht für das Alter: Es ist nicht Verhängnis, sondern eine Chance, trotz gesundheitlicher Probleme! Ich will noch mehr lernen, die „Werke tun, die Jesus für mich vorbereitet hat“ (Epheser 2,10) – nicht mehr und nicht weniger! Es sind Möglichkeiten, die Gott mir schenkt.
Täglich bitte ich, dass Jesus mir die Dinge zeigt, die er für mich vorbereitet hat. Daraus entsteht Zeit für manche Kontakte, gute Gespräche, um Menschen zu begleiten, Dienste in den Gemeinden zu leisten, sportliche Fitness zu wagen. Ich versuche auch, Menschen in der zweiten Lebenshälfte in ihrer Bestimmung, die Gott für sie bereit hält, zu führen. Es ist gut, dass sich IGW jetzt der Sache annimmt. Wir brauchen sowohl in den Gemeinden als auch in der Gesellschaft eine veränderte Denkweise aber das Älterwerden.
Marianne Hirzel, 64, engagiert in der Frauenarbeit, Wetzikon ZH
Ich bin dran, Aufgaben loszulassen, wenn Nachfolger herangezogen wurden. Neues anfangen, das Kräfte schonender ist. Für meinen Mann und mich heisst das, unsere Dienste vor allem vor Ort konzentrieren.
Aufbau eines Stadtgebets, an dem sich alle Christen treffen. Unsere Erfahrungen und unser Wissen investieren als Mentoren von jüngern Menschen und Ehepaaren. Meine Erzählgabe einsetzen im Kinder-Gottesdienst. Einen Alphalive-Kurs leiten mit unsern Nachbarn. Mithelfen, einen Alphalive-Ehekurs zu leiten.
Lebensqualität heisst für uns auch, Zeit haben füreinander, lesen, wandern und vor allem Zeit verbringen mit unseren Enkeln. Wir verbrachten vier Tage mit ihnen in einer Alphütte. Wir gaben ihnen unsern Glauben und Erfahrungen aus unserem Leben weiter und glauben, dass so der Segen in unserer Familie auf die nächste Generation übergeht.
Otto Zwygart, 65, Alt-Nationalrat, Bolligen BE
Den Sinn im Leben finden ist für jede Altersstufe von grundlegender Bedeutung, um trotz Wolken am "Gesundheitshimmel" jeden Tag positiv zu erleben, Deswegen versuche ich Beziehungen zu pflegen zu Alt und Jung (meine Frau und ich geniessen die Grosskinder) und zu Gott.
Seine Gaben - im Alter ist dies nicht zuletzt die gewonnene Zeit - auch Organisationen zur Verfügung zu stellen. Das hat mir seit meinem Rücktritt aus dem Nationalrat und der Pensionierung viele spannende Tätigkeiten gebracht. So bin ich noch Vizepräsident der neuen Mittelschule mit Aufbauarbeit für das einzige private Institut der Pädagogischen Hochschule Bern, Mitglied im Stiftungsratsausschuss des Diakonissenhauses Bern als Träger des zu gründenden Kompetenzzentrums für die Pflegeausbildung im Kanton Bern und Mitglied im Zentralvorstand des Blauen Kreuzes.

Datum: 08.12.2005
Autor: Andrea Vonlanthen
Quelle: ideaSpektrum Schweiz

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