Konfessionelle Grenzen überschreiten

Alpha-Kurs in der Katholischen Kirche

Auch die katholische Kirche ist auf den Alpha-Kurs aufmerksam geworden. Konfessionsübergreifend ist dieses Glaubensseminar für Fernstehende und Suchende, weltweit zu einem wichtigen Mittel der Evangelisation geworden – neuerdings auch in der katholischen Deutschschweiz.
Leo Tanner

Leo Tanner, Pfarrer in der st. gallischen Pfarrei Jonschwil, hat die in der Schweiz unter dem Namen Alphalive-Kurs verbreiteten Glaubensseminare für den Einsatz in katholischen Pfarrgemeinden angepasst. Nun findet er mit Empfehlung der Schweizer Bischofskonferenz immer weitere Verbreitung.

Ein Ort, um jede Frage stellen können

Am Anfang stehen Älplermakkaronen, ein Birchermüesli oder auch Spaghetti. Denn jeder der zehn Kursabende beginnt mit einem gemeinsamen Essen. Es ist eine gute Gelegenheit, "sich besser kennen zu lernen, sich in aller Freiheit und Freundlichkeit über alle Themen des Lebens nach Lust und Laune unterhalten zu können", wie eine St. Galler Teilnehmerin formuliert hat.

Das Abendessen schliesst mit dem Singen eines "Lobliedes". Es folgt ein Referat zu Fragen wie: Wozu starb Jesu? Christ werden, wie geht das? Wie führt uns Gott? Was tut der Heilige Geist? Für eine entspannte Atmosphäre sorgt ein Witz, der am Anfang eines jeden Referates steht. In Gruppen tauschen sich anschliessend die Gäste über das Gehörte aus. Hier ist der Ort, wo sie zu Wort kommen und jede Frage stellen können.

Zu den zehn Kursabenden kommen ein Alpha-Wochenende (oder Alpha-Tag) und eine Alpha-Party hinzu. Wochenende und Party sollen die sich formende Gemeinschaft stärken. Die Party bildet den Abschluss des Alpha-Kurses - und ist zugleich Auftakt für einen nächsten Kurs. Zur Alpha-Party laden die Kursteilnehmer Freunde und Familienangehörige ein. Laut Tanner ist die beste Werbung für den Kurs eine persönliche Einladung zur Alpha-Party.

Konfessionelle Grenzen überschritten

"Erfunden" wurde der Alpha-Kurs in der anglikanischen Pfarrei Holy Trinity Brompton in London. Seit der ersten Schulungskonferenz 1993 wurden weltweit über 100.000 Personen ausgebildet, Alpha-Kurse zu leiten. Im vergangenen Jahr liefen über 7.200 Kurse in Grossbritannien und 28.500 weltweit in 143 Ländern. Verblüffend ist, wie leicht der Alpha-Kurs konfessionelle Grenzen überschreitet. Im deutschen Sprachraum wurde der Kurs zuerst von Freikirchen, dann von evangelischen Landeskirchen eingesetzt. Mittlerweile ist in Österreich und Deutschland das nationale Alpha-Büro von Mitgliedern der katholischen Kirche besetzt.

Von London genehmigt

Noch immer ist aber der Alpha-Kurs geistiges Eigentum der anglikanischen Pfarrei in London, die ihn entwickelt hat. Deshalb hat Leo Tanner seine Version dem Alpha-Büro in London zur Genehmigung vorgelegt. Diese ist prompt erfolgt. Er habe unter Wahrung des Kurskonzeptes die schriftlichen Unterlagen gekürzt und sprachliche sowie theologische Anpassungen vorgenommen, erklärte Leo Tanner.

Ungewohnte Evangelisation

Offensive Evangelisation ist in der Schweiz für katholische Pfarreien etwas Ungewohntes. Und auch nicht alle Fachleute teilen den Enthusiasmus Tanners für den Alpha-Kurs. So spricht Felix Senn, Studienleiter des katholischen Bildungswerks theologiekurse.ch, von einem "voraufklärerischen Ansatz" des Kurses, der den Erkenntnisfortschritt der letzten zweihundert Jahre im Sinn der historisch-kritischen Methode ausblende.

Tanner betont dagegen, dass der Alpha-Kurs kein theologischer Einführungskurs sei, sondern als Glaubenskurs den teilnehmenden Menschen innere Erfahrung vermitteln möchte. Er wolle suchenden Menschen Hilfe bieten bei der Beantwortung wichtiger Lebensfragen. Der Kurs stehe am Anfang des Glaubensweges, deshalb auch der Name Alpha-Kurs nach dem ersten Buchstaben des griechischen Alphabets. Wer dem Kurs mangelnde theologische Differenziertheit zum Vorwurf mache, sehe am Konzept des Alpha-Kurses vorbei. Er sei eine Grundeinführung in den christlichen Glauben, der auf das Erleben der Glaubensgemeinschaft besonderes Gewicht lege. Die Vertiefung in theologische Fragen sei Sache späterer Etappen.

Schweizer "Alphalive-Znacht"

Zentrale Schaltstelle für die Alphalive-Kurse in der Schweiz ist das Alphalive-Büro in Zürich. In seinem Verzeichnis figurieren 512 angebotene Kurse, durchgeführt von Veranstaltern der verschiedensten christlichen Denominationen, wovon die meisten zu einem evangelischen Zweig gehören. Für 2005 laufen die Vorbereitungen für eine nationale Alphalive-Initiative: Am 9. September wird in der ganzen Schweiz (mit Ausnahme der italienischsprachigen Regionen) zu einem "Alphalive-Znacht" eingeladen, um in der Bevölkerung für die Teilnahme an Alpha-Glaubenskursen zu werben.

Die Schweizer Bischöfe haben sich hinter die Alpha-Kurse gestellt. Im Auftrag der Schweizer Bischofskonferenz wurden sie von Martin Gächter, Weihbischof des Bistums Basel, geprüft und für gut befunden. Er empfehle sie als "geeignete Form einer segensreichen Neuevangelisierung, um Menschen im Glauben anzusprechen und sie zu einer Lebensentscheidung für Christus zu führen".

"Wer freut sich nicht"

"Wer von den Seelsorgerinnen und Seelsorgern freut sich nicht, wenn Menschen aus der Pfarrei sich für den Glauben interessieren, dabei plötzlich entdecken, dass der Glaube ja mit ihrem Leben zu tun hat und sich entschliessen, gemeinsam mit anderen sich auf einen persönlichen Glaubensweg einzulassen?", fragt rhetorisch Bischofsvikar Hans Zünd, Leiter des Pastoralamtes des Bistums Basel, in einem Rundschreiben an die "Pfarrer, Gemeindeleiterinnen und Gemeindeleiter". Er empfiehlt darin den Pfarreien seiner Diözese nachdrücklich die Durchführung von Alpha-Glaubensseminaren.

Datum: 04.02.2005
Quelle: Kipa

Werbung
Livenet Service
Werbung