Apostolisches Leben

«Ziellose Menschen leben nicht – sie werden gelebt»

99,5 Prozent aller Christen leben ziellos. Mit dieser provokativen Feststellung lädt Wolfgang Simson zusammen mit seiner Frau Mercy zur Konferenz «Apostolisch leben» in Lörrach. Er ist überzeugt, dass Christen ihr gottgegebenes Lebensziel entdecken und erreichen könnten, dazu sei aber ein Umdenken nötig.
Wolfgang und Mercy Simson sind Gastgeber der Konferenz
Damit unser Leben ins Schwarze trifft! Tages-Konferenz am 15.10.2015 in Lörrach.

Livenet: Wolfgang Simson, inwiefern brauchen wir Ihrer Meinung nach als einzelne Christen, aber auch als Gemeinden ein Umdenken?
Wolfgang Simson: Wir sollten den Wert des «Apostolischen» wieder neu entdecken. Heute spielen die Apostel in den Gemeinden der westlichen Welt so gut wie keine Rolle; manche halten sie für regelrecht ausgestorben. Dabei sind sie enorm wirkungsvoll. Aus der Perspektive der Missionswissenschaft haben wir in den letzten Jahrzehnten historische Durchbrüche in einer Dimension erlebt, die deswegen nach einer Erklärung schreien, weil dort zumeist völlig anders vorgegangen wird als es im kirchlichen Alltag mit seiner fast nur pastoral aufgestellten Komm-zur-Kirche-Struktur bei uns üblich ist.

Bei näherem Hinsehen findet man hinter den Durchbrüchen fast immer eine Spezies von Menschen, die so gut wie in kein kirchliches Schema passen. Es sind keine Pastoren, Evangelisten oder Lehrer. Es sind keine Gemeindegründer, sondern Bewegungsgründer; Katalysatoren, nicht Magnete; Menschen die andere aussenden, nicht an sich ziehen. Ich halte diese Menschen für das wahre Geheimnis hinter diesen Durchbrüchen; ein Geheimnis auch deswegen, weil kaum jemand diese strategischen Menschen kennt oder überhaupt wahrnimmt. Das Neue Testament spricht sagenhafte 88 Mal von Aposteln, 3 Mal von Evangelisten und 1 Mal von Pastoren. Heute ist dieses Verhältnis oft auf den Kopf gestellt.

Nur ganze 3,6 Mio. Menschen erreichen ihr von Gott gestecktes Lebensziel, schreiben Sie in der Einladung. 99,5% aller Christen leben nach Ihren Angaben ziellos. Wie kommen Sie auf solche Zahlen?
Apostel sind die «Big Picture People», die klassischen Zielverwalter im Königreich Gottes; wo sie fehlen, kommen uns schnell die Ziele abhanden. Der amerikanische Autor Bob Buford hat in seiner Arbeit (etwa seinem Buch: Finishing Well) festgestellt, dass nur dramatisch wenige Christen ihr Lebensziel erreichen. Der Führungskräfte-Forscher Robert Clinton hat herausgefunden, dass von den in der Bibel beschriebenen Personen nur knapp einer von drei ihr von Gott gestecktes Ziel erreichen. Der Rest bleibt auf der Strecke.

In eigenen Untersuchungen über Jahrzehnte hinweg habe ich beobachtet, dass nur ein winziger Bruchteil aller sogenannten «Vollzeitler» wirklich wissen, welche Rolle sie beispielsweise in Anlehnung an Epheser 4, Vers 11 haben: Sind sie nun Apostel, Prophet, Evangelist, Pastor oder Lehrer? Wenn von 720 Millionen Evangelikalen weltweit nur etwa 10% ihr Lebensziel kennen, und von diesen 72 Millionen wiederum nur etwa 5% ihr Lebensziel auch erreichen, landen wir bei einer schrecklichen Wahrheit: dass nämlich nur einer von 200 Nachfolgern von Christus auf seinem Sterbebett wie Paulus sagen kann: «Ich habe den Lauf vollendet.» Mir persönlich bricht diese Zahl das Herz und ich habe mich entschlossen, dafür etwas zu tun.

Ist diese Feststellung nicht etwas dreist, ja fast ein Affront für die meisten Christen?
Ich bin viel zu oft mit Tränen an den Gräbern von Menschen gestanden, die eindeutig entweder «zu früh» gegangen sind oder die ihre Lebensziele nicht erreicht haben. Ich fände es nicht integer, solche Dinge zu verschweigen. Es ist nun mal so: Ziellose Menschen leben nicht – sie werden gelebt. Manche Wahrheiten sind zwar nicht leicht zu ertragen; aber wenn wir uns der Diagnose stellen, kommen wir der richtigen Therapie einen grossen Schritt näher.

Ist das Lebensziel von Gott her klar? Wie lässt sich dies bei jedem Menschen beurteilen?
Als Geschöpfe des Gottes, von dem gesagt wird «Er macht alles zu einem bestimmten Ziel» (Sprüche 16, Vers 4) würde ich mich doch sehr wundern, wenn er uns Menschen dazu erfunden hat, im Kreis herum zu laufen mit dem Motto: «Schaff und erwirb, zahl Steuern und stirb.» Es gehört zu Gottes Design für unser Leben, dass wir eine klar definierte Teilaufgabe haben innerhalb der Meta-Mission «Macht alle Völker zu Jüngern» im Allgemeinen, wozu noch eine Fülle von Spezialaufgaben kommt.

Jeder soll sich hier zunächst selber prüfen; aber weil wir diese gigantische Aufgabe Gottes nur gemeinsam zu Ende führen können, haben wir auch eine gewisse Verantwortung füreinander, auf einander zu achten und uns gegenseitig zu ermutigen: «Jage nach dem Ziel der himmlischen Berufung Gottes» (Philipper 3, Vers 14 / Luther). Wenn Paulus sagt: «Jage!», dann sehe ich es als Frucht des satanischen Widersachers Gottes an, wenn wir uns in unseren manchmal sehr irdischen Berufen zu sehr verzetteln und verlieren. Viel zu viele Jäger sind schon zu Gejagten geworden die nicht leben, sondern gelebt werden; die nicht gesandt sind, sondern gestolpert.

Wieso ist es so wichtig, die Bestimmung zu kennen?
Es unterscheidet uns von Robotern. Es unterscheidet uns von Menschen ohne Gott, die glauben, der Weg sei das Ziel. Wer als Mensch nur passiv bleibt und Gott nicht intensiv sucht, der wird auch seine Bestimmung nicht finden. Einer meiner Professoren an der FETA (heute STH Basel) warnte davor, dass die Gemeinde zum «Friedhof der Berufungen» wird. Das hat mich nie mehr losgelassen.

Sie sehen das demokratisch geprägte Verständnis des Westens als Problem, wenn es darum geht, dem König Jesus Christus zu gehorchen. Wie ist das zu verstehen?
Es gibt politische Demokratien, Monarchien, Anarchien, Bürokratien und Theokratien. Wir Menschen sind für die Königsherrschaft von Jesus Christus geschaffen, nicht für von Menschen erfundene Machtsysteme. Das Königreich von Jesus Christus ist definitiv keine Demokratie, in er sich alles um die scheinbar heilige Meinung und Bedürfnisse des ewig kritischen Wählers und heiklen Spenders dreht. Jesus sagt: «Wer mich liebt, der hält meine Gebote.» Wo Liebe zu Gott nicht in freiwilligen, begeisterten Gehorsam mündet, sind wir bestenfalls selbstverliebte religiöse Egoisten, die «Herr Herr» sagen aber partout nicht tun, was dieser Herr befiehlt.

Mir ist aufgefallen, dass die grössten Erntebewegungen dort stattfinden, wo Menschen eine Eigenschaft haben, die Curtis Sergeant, einer der Sprecher in Lörrach, so nennt: «Quick costly obedience», also die ganz undemokratische Fähigkeit, Dinge zu tun, die Gott uns aufträgt, ohne lange Fragen zu stellen und nach dem billigsten Weg des geringsten Widerstands zu suchen.

Sie sprechen von einem Diensteid, den Christen neu ablegen sollen. Wie funktioniert dies?
Das Königreich von Jesus Christus, dem Richter der Welt, ist ein Rechtsstaat, in dem die Verfassung des Königs, die 75 Gebote, das Gesetz Christi, gültiges Recht sind. Niemand kann für einen weltlichen Staat arbeiten, ob als Polizist, Richter oder Parlamentarier, ohne einen Dienst- oder Amtseid auf die Verfassung abzulegen. Weshalb sollte das im Königreich von Gott anders sein? In meinem neuesten Buch «Die Verfassung des Königreichs» gehe ich ausführlich darauf ein.

Was macht Sie sicher, dass Sie den Schlüssel zu einem wirksamen Leben als Christ gefunden haben?
Ich glaube nicht, dass wir Menschen die Schlüssel des Königreichs finden; sie finden uns. Ich glaube dass alle sieben im NT genannten Dienste (Apostel, Propheten, Evangelisten, Pastoren, Lehrer, Älteste, Diakone) Schlüsselfunktionen sind. Und alle sieben sind nötig, um das grosse Portal des Königreichs für die Menschen unserer Gesellschaften zu öffnen. In der Konferenz «Apostolisch Leben Heute» geht es darum, dass der wichtige Schlüssel der apostolischen Diener unseres Gottes nicht nur am Schlüsselbund Gottes klimpert, sondern auch wieder an den Schlüsselbund des Leibes Christi zurückkehrt. Und das ganz besonders in einer Zeit, in der das zerbrechende politische Europa mit der aktuellen Völkerwanderung biblischer Proportion vor den wohl grössten apostolischen Chancen für seine Völker steht.

Zur Webseite:
Apostolisch leben heute

Zum Buch:
«Die Verfassung der Königreichs»

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Datum: 29.09.2015
Autor: Florian Wüthrich
Quelle: Livenet

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