50 Jahre Wycliffe Schweiz

Dank Bibelübersetzern: Volksgruppen entdecken Würde

An der Übersetzung von 41 Bibeln und Neuen Testamenten waren die Mitarbeiter von Wycliffe Schweiz bisher stark beteiligt. Meist existierte vorher kein geschriebenes Alphabet. Jetzt feiert das Werk Jubiläum.
Dank Wycliffe werden Sprachen beschrieben und geschrieben, wodurch Volksgruppen Würde entdecken.
Wycliffe schreibt und beschreibt Sprachen von Minderheiten.

«Uns ist die Dankbarkeit gegenüber Gott wichtig», betont Hannes Wiesmann, Leiter von Wycliffe Schweiz. «Er versorgte uns in diesen fünfzig Jahren treu mit Mitarbeitern und Finanzen. Zudem sind von Christen unzählige Gebete zu Gott gegangen, das berührt uns.»

120 Mitarbeiter sind für Wycliffe Schweiz weltweit im Einsatz, gemessen an der Einwohnerzahl der Schweiz eine überdurchschnittlich hohe Zahl. «Ein Grund ist die Mehrsprachigkeit unseres Landes. Wir sind bei diesem Thema stärker sensibilisiert als andere Nationen.» In den Einsatzgebieten sind die Schweizer Mitarbeiter der internationalen Feldorganisation SIL oder einheimischen Partnerorganisationen unterstellt. Weltweit sind insgesamt 6'000 Wycliffe-Mitarbeiter an zurzeit 1'700 Übersetzungsprojekten beteiligt.

Volksgruppen entdecken Würde

Durch die Wycliffe-Arbeit erhalten verschiedene Volksgruppen erstmals Würde. Beispiel Zentralafrikanische Republik: «Die Pygmäen wurden von anderen Landesbewohnern als nicht viel mehr als Tiere angeschaut. Teil unserer Arbeit war deshalb auch, dass wir den Pygmäen Zugang zur Verfassung ermöglicht haben. Sie merkten, dass sie Rechte und Würde allein schon vor dem Gesetz haben.» Das habe sehr viel ausgelöst. «Sie hatten danach eine viel bessere Wahrnehmung von sich selbst.» Auch in Ghana wurde die Verfassung in mehrere Sprachen übersetzt.

Hannes Wiesmann: «Die Muttersprache ist ein sehr starkes Vehikel, um die Identität einer Volksgruppe zu stärken. Angehörigen von Minderheitensprachen wird oft gesagt: «Ihr redet keine richtige Sprache, ihr könnt sie nicht mal schreiben!» Plötzlich aber wird sie geschrieben und auch beschrieben, es zeigt sich dass sie Regeln hat, eine eigene Grammatik, und ihre Sprecher merken: So dumm sind wir offenbar nicht, wie man uns immer sagt! Das hat viel mit Würde zu tun. Muttersprache ist etwas, das einem sehr nahe am Herzen ist.»

«Dramatische Beschleunigung»

Früher habe der Slogan gelautet: «Ein Team, eine Sprache.» Einst war es normal, dass ein ausländisches Team irgendwo im Busch die Sprache lernte und nach 15 bis 20 Jahren mit der Übersetzung fertig war. «Auf der internationalen Konferenz von Wycliffe und der Partnerorganisation SIL im Jahr 1999 wurde die Vision 2025 verabschiedet. Diese besagt, dass man bis 2025 in jeder Sprache, wo noch eine Arbeit benötig wird, eine Arbeit begonnen haben will.»

Die Wycliffe-Verantwortlichen stellten nämlich fest, dass, wenn man im gleichen Stil weiterarbeiten würde wie bisher, erst im Jahr 2150 mit der letzten Übersetzung begonnen werden könnte. «Ein wichtiger Schritt war es, einheimische Kirchenverbände und nationale Bibelübersetzungsorganisationen zu stärken. Diese tragen einen wachsenden Teil der Verantwortung. Ein weiterer Pfeiler ist das Gebet. Wycliffe sucht BeterInnen für Völker, die noch keine Bibel haben.»

Neben der Ausbildung von einheimischen Projektverantwortlichen führte eine weitere Änderung zu einer bemerkenswerten Beschleunigung: An verschiedenen Orten wird an mehreren Sprachen gleichzeitig gearbeitet. «Die Sprachen müssen nicht unbedingt verwandt sein. Mehrmals pro Jahr werden gemeinsame Workshops für Sprachanalyse sowie Exegese durchgeführt.»

Ein Beispiel ist Papua New-Guinea: «In einer Küstenregion geschah ein Tsunami, noch vor dem grossen von 2004. Ein Wycliffe-Team arbeitete damals für eine kleine Volksgruppe, von der viele starben. Die Überlebenden orientierten sich neu und wollten weg von der Küste. Alle waren traumatisiert. Mehrere Volksgruppen in der Nachbarschaft nahmen Kontakt auf mit dem Übersetzungsteam und baten inständig, man möge bei ihnen auch ein Projekt beginnen. Plötzlich wurden acht Sprachen gemeinsam entwickelt. Das war nicht strategisch von langer Hand geplant, sondern es ergab sich einfach...»

2'000 offene Stellen

Wycliffe Schweiz engagiert sich schwergewichtig in Afrika, dazu kommen Projekte in Asien und Südamerika. Das Hauptaugenmerk gilt aber der frankophonen Welt.

An den sprachwissenschaftlichen Ergebnissen sind in der Regel auch einheimische Universitäten und Regierungen interessiert.

Derzeit verfügt Wycliffe weltweit über rund 2'000 offene Stellen. Hannes Wiesmann: «Es besteht eine grosse Bandbreite an Einsatzmöglichkeiten. Benötigt werden Lehrpersonen, Leute mit Management-Erfahrung, Piloten, Mechaniker, Sekretäre und so weiter. Es müssen nicht zehn Jahre sein, sondern wir bieten auch lohnende Kurzeinsätze und können manchem Wunsch entgegenkommen. Dabei haben wir nicht nur die 20-Jährigen im Visier, es dürfen auch Frühpensionierte sein oder Personen, die in ihrer zweiten Lebenshälfte eine Auszeit nehmen.»

Jubiläum

Am 8. März wird in Biel in der Christuskirche «Jahu» an der Portstrasse 28 (nicht Poststrasse) das 50-Jahre-Jubiläum von Wycliffe Schweiz gefeiert. Das Programm dauert von 15 bis 18 Uhr, anschliessend wird zu einem kleinen Imbiss geladen. Unter anderem werden die 41 Bibeln und NTs, die mit Schweizer Beteiligung übersetzt wurden, ausgestellt.

Datum: 05.03.2014
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet

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