Alkoholgeschädigte Kinder

Damit das Glas nicht zum Schrecken wird

Das Blaue Kreuz und weitere 60 Organisationen aus über 30 Ländern legen offen: 2 bis 4% aller Babys, die in Europa geboren werden, leiden bereits an den Folgen von übermässigem Alkoholkonsum. Doch die Alkoholindustrie wird geschont. Dazu ein Kommentar von Philipp Hadorn, Nationalrat SP und Präsident des Blauen Kreuzes der Schweiz.
Schwangere Frau mit Weinglas
Philipp Hadorn

Kinder, die bereits vor der Geburt Alkohol ausgesetzt wurden, riskieren lebenslange geistige und körperliche Behinderungen. Von Lernstörungen über Verhaltensstörungen bis hin zu psychischen Erkrankungen reichen diese. Wissenschaftlich gesicherte Daten belegen den pränatalen Übergriff, bezeichnet als «Fetales Alkoholsyndrom» (FAS). Am 9. September 2015 wurde daher ein Tag der alkoholgeschädigten Kinder ausgerufen.

Viele sind mitbetroffen!

Rund 250'000 Menschen in der Schweiz gelingt es nicht, einen verantwortungsbewussten Umgang mit Alkohol zu entwickeln. Neben dem Leiden für die Betroffenen beinhaltet dies einschneidende Konsequenzen für nahe Familienangehörige. Gut eine halbe Million Menschen sind in unserem Land davon betroffen, von Problemen im weiteren Verwandten- und Bekanntenkreis gar 2,2 Millionen.

Mitmenschen von Alkoholkranken leiden vielfältig unter den negativen Folgen: Beziehungen zerrütten, der Zusammenhalt innerhalb der Familie schwindet und das Zusammenleben im gleichen Wohnraum wird auf die Probe gestellt. Ängste, Schlafprobleme und depressive Zustände folgen häufig.

Viele brauchen Hilfe – und holen sie nicht

Eine repräsentative Befragung belegt die erschütternden Zahlen, welche Geschichten und Schicksale beinhalten. Professionelle Hilfe ist erforderlich. Das Blaue Kreuz arbeitet mit Alkoholkranken, aber auch mit Personen aus deren Umfeld. Noch nutzen Angehörige von Suchtkranken zu wenig professionelle Unterstützung. Ein vom Nationalen Programm Alkohol unterstütztes Projekt will mit einer breiten Öffentlichkeitsarbeit Verständnis für die schwierige Situation von Angehörigen schaffen und sie ermutigen, Unterstützung zu holen.

Der Umgang mit Alkohol muss erlernt werden. Verantwortungsvoller Umgang mit Genussmitteln oder auch Abstinenz sind Schlüssel für einen suchtfreien Umgang. Bestürzt musste ich in der Debatte im Nationalrat zur Kenntnis nehmen, dass die Absicht zur Stärkung von Prävention und Jugendschutz kurzfristigen Interessen inländischer Obstbauern und der Alkohol-Industrie unterlag. Verlangte Steuerrabatte führen zu einer unvorstellbaren Bürokratie, das Nachtverkaufsverbot wurde gestrichen und ein vernünftiger Steuersatz wurde reduziert. Das Verbot von Happy Hour und Werbung bei Jugendanlässen ging bachab.

Missglückte Gesetzesrevision korrigieren

Ein Neuanfang dieser missglückten Gesetzesrevision ist notwendig. Die «Schnapsidee der Schnapsbrenner» verlangt zwingend nach einem griffigen Jugendschutz!

Das Blaue Kreuz Schweiz bleibt am Ball: Sinnvolle Präventionsmassnahmen, professionelle Unterstützung von direkt und indirekt Betroffenen, aber auch klare Einflussnahme in Öffentlichkeit und Politik. Dafür, dass diese Stimme auch im Parlament gehört wird, will ich mich auch in der kommenden Legislatur als Solothurner Nationalrat einsetzen.

Philipp Hadorn, Nationalrat SP & Präsident Blaues Kreuz Schweiz

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Zum Thema:

Datum: 15.09.2015
Autor: Philipp Hadorn
Quelle: Livenet

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