Obama versus Trump

Zurück zum Bewährten oder vorwärts in die Zukunft?

Schon die Bilder machten den Kontrast deutlich. Donald Trump am Nato-Gipfel in Brüssel und bei den G20 auf Sizilien mit versteinerter oder gleichgültiger Miene. Sein Vorgänger Barack Obama strahlend als Gast auf dem Deutschen Kirchentag in Berlin gefeiert. Wo liegen die wahren Unterschiede zwischen den beiden Persönlichkeiten?
Barack Obama und Donald Trump

Die bleibende Attraktivität Barack Obamas vor allem in Europa wird nachvollziehbar, wenn man nicht nur seine Berliner Rede hört, sondern auch einen Blick in frühere Reden nimmt. Eine Auswahl davon ist kürzlich auf Deutsch im Suhrkamp-Verlag erschienen.

Exemplarisch dafür ist die Rede, die Obama zum Gedenken des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs am 26. März 2014 «an die europäische Jugend» hielt. Darin beschreibt er die Ideale, die Europa prägen und von da aus auch nach Amerika kamen: zum Beispiel, dass «jeder das Recht hat, sein Leben ausgehend von seinem Gewissen und seinem freien Willen selbst zu bestimmen. Die Auffassung, dass Macht sich von der Zustimmung der Regierten ableitet und dass Gesetze und Institutionen dem Zweck dienen, dieses Verständnis zu schützen.»

Zwei Vorstellungen von Macht

Obama weist in dieser Rede auch darauf hin, dass diese Ideale immer wieder von einem traditionelleren Verständnis von Macht bedroht seien. Dieses sei davon bestimmt, dass «Ordnung und Fortschritt nur möglich sind, wenn der Einzelne seine Rechte einem allmächtigen Herrscher unterordnet.» Oft sei dieser Wunsch nach dem starken Mann auch von der Auffassung getragen, dass «einige Menschen anderen aufgrund ihrer Abstammung, ihres Glaubens oder ihre ethnischen Zugehörigkeit grundsätzlich überlegen sind und dass Identität durch die Abgrenzung von anderen entsteht...». Seit dieser Rede sind starke, mächtige Männer nicht nur in den USA an die Macht gekommen.

Die beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts in Europa sind laut Obama ursächlich durch das Zusammenprallen dieser beiden Auffassungen von Macht entstanden. Er beschwor die jungen Europäer, nie zu vergessen «dass wir Erben eines Kampfes für die Freiheit sind. Unsere Demokratie, unsere persönlichen Chancen existieren nur, weil Menschen weise und mutig genug waren zu erkennen, dass unsere Ideale nur dann von Dauer sein würden, wenn wir unser Interesse am Erfolg anderer Menschen und Nationen erkennen.»

Die Chancen vor die Gefahren stellen

Bereits vor der grossen Flüchtlingskrise ermutigte Obama Europa, in der Einwanderung nicht nur Gefahren, sondern eine grosse Chance zu sehen und sie willkommen zu heissen. Und er mahnte: «Statt uns in Abgrenzung von anderen zu definieren, sollten wir unsere gemeinsamen Wünsche und Ziele bekräftigen.» Das werde Amerika und Europa stark machen.

Obama sieht die Zukunft darin, bisherige Ideale zu erkennen und umzusetzen. Er sieht hier vor allem eine Chance bei der Jugend, aber auch in der Erziehung durch Eltern, die ihren Kindern eine Zukunft geben wollen. Im Gegensatz dazu steht Donald Trump mit seiner defensiven Haltung gegenüber Einwanderern und andern Religionen.

Zwei christliche Grundhaltungen

Kennen wir diese beiden Haltungen nicht auch in christlichen Kreisen? Solche, die in neuen Entwicklungen nur Gefahren sehen und sich nach Traditionen und Gesetzen zurücksehnen, welche die Gesellschaft einmal zusammenhielten. Und solche, die neue eröffnete Freiheiten und Möglichkeiten wahrnehmen und sie nutzen. Menschen, die vor zu vielen Migranten warnen und solche, die ihnen helfen wollen, sich zu integrieren? Christen, die im Islam nur eine Bedrohung sehen – und andere, die in Muslimen zukünftige Glaubensgeschwister sehen?

Beide Gruppen sind nicht vor Einseitigkeiten geschützt. Beide liegen nicht nur richtig oder falsch. Die Chance der Gemeinden liegt darin, dass ein Gespräch zwischen beiden Mentalitäten möglich bleibt. Beide Seiten sind von Traditionen, ihrer eigenen Geschichte und von ihren eigenen Charaktermerkmalen geprägt. Und die biblische Offenbarung ändert sich nicht und soll in jeder Zeit umgesetzt werden. Aber letztlich braucht unsere Zeit Christen, die nicht nur verlorenes Terrain beklagen, sondern eine Zukunftshoffnung ausstrahlen und diese auch begründen können. Bei Obama finden sie dazu eine Vorlage.

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Datum: 29.05.2017
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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