SOS per SMS

Seelsorge auf elektronischem Weg etabliert sich

In Lebenskrisen ist eine rund um die Uhr zugängliche Anlaufstelle entscheidend. Besonders jüngere Leute suchen sich Hilfe via Internet und Handy. Darum ermöglichte eine breit abgestützte kirchliche Trägerschaft den Ausbau der Internet- und SMS-Seelsorge in Zürich.
SMS
Hilfe per Mausklick.
Telefonseelsorge 143

Der neue Geschäftsführer Hans Peter Murbach kommt aus der Privatindustrie, versteht sich als Drehscheibe zwischen Vorstand, Beratungsteam, Unterstützungsfunktionen und Technik. Das Angebot Internet- und SMS-Seelsorge wird von den evangelisch-reformierten Kirchengemeinden der Stadt Zürich und den kantonalen Landeskirchen getragen. Murbach, seit dem 1. April in seinem neuen Amt, erklärte, man wolle die Trägerschaft auf weitere Landeskirchen ausweiten. Das Internet- und SMS-Angebot erreiche auch Suchende in anderen Kantonen.

Probleme gibt es genug

Zoff mit der Freundin, Konflikte zu Hause, eine nicht verkraftete Trennung, Suizidgedanken, Glaubensnöte, sexuelle Schwierigkeiten und gesundheitliche Probleme: Mit wem darüber reden? Wohin mit den bedrängenden Fragen? Seit acht Jahren bietet die Internet-, seit knapp fünf Jahren die kirchliche SMS-Seelsorge Hilfe in der Bedrängnis. Niederschwellig und anonym können Ratsuchende kompetente Beraterinnen und Berater via Email oder Handy rund um die Uhr kontaktieren. Die Begleitung wird geschätzt.

Dem Kummer Luft machen

Bei der Internet- wie bei der SMS-Seelsorge melden sich nach wie vor durchschnittlich zwischen zwei und fünf Neuanfragende täglich. Im vergangenen Jahr wurden insgesamt über 1000 Erstanfragen via Email und SMS auf dem modernen, elektronischen Weg an die ehrenamtlich tätigen Beratenden gestellt. Zur Zeit arbeiten 27 TheologInnen und PsychologInnen freiwillig im Seelsorgeteam, davon deren 6 im Team der SMS-Seelsorge.

Ein Berater erzählt: "Besonders junge Ratsuchende ohne eigenen Zugang zu einem Computer stellen ihre Fragen kurz und prägnant per SMS". Ein Plus-Punkt sei dabei die Ortsungebundenheit. "Manchmal ´töggeled´ Schülerinnen und Schüler ihre Fragen unter der Schulbank ins Handy".

Nächtliche Suche nach Hilfe

In Emails werden die Lebensfragen breiter diskutiert. Die meisten Emails werden nachts zwischen 22 und 23 Uhr abgeschickt. Oft entsteht nach dem Erstkontakt ein Hin- und Her per Email oder SMS. Die Seelsorgenden versuchen möglichst prägnant und praktisch zu antworten. Wichtiger als Ratschläge ist das sensible Erspüren der Situation, um ein Gespräch zu ermöglichen. Jemand erklärt: "Wir helfen, ohne nach Schuld zu fragen und ohne Dank zu erwarten".

Besonders schwerwiegend und belastend sind die Fragen bezüglich Suizid, wie ein beratender SMS-Seelsorger erzählt. Jedes 12. SMS betreffe diese Problematik.

Weil die angebotene Beratung und Begleitung anonym sei, werde das Tabuthema aber offen angesprochen. In einer akuten Situation kann auch die von der Kirche unterstützte "Dargebotene Hand" Überlebenshilfe anbieten: Der Telefonkontakt unter Nummer 143 kann Leben retten, weil der Weg aus der Sprachlosigkeit gefunden wird.

Moderne Seelsorge ist etabliert

Hans Peter Murbach leitet im Halbamt die operativen Geschäfte. Er versteht sich als Bindeglied zwischen Kommission und Beratungsteam und will "den Beratenden durch seine Arbeit vor allem den Rücken für ihre Tätigkeit freihalten". Wichtig sei vor allem die Qualitätssicherung. Die Beratenden verbessern ihre Kompetenzen durch regelmässige Intervision. Auch die Technik muss gewartet und ständig den neuen Anforderungen angepasst werden.

Jahrelang war die Internet- und SMS- Seelsorge in einem Verein organisiert. Eine Veränderung wurde aber nötig, weil das durch Freiwillige aufgebaute Angebot in der Form eines Vereins an seine Grenzen gestossen war und zugleich ein Ausbau anstand. Nach der Auflösung des Vereins Ende 2003 übernahmen der reformierte Stadtverband und die evangelisch-reformierte Landeskirche des Kantons Zürich die Trägerschaft der Internet- und SMS-Seelsorge, wobei die Katholiken das moderne Seelsorgeangebot mittragen.

Die moderne Seelsorge kostet jährlich rund 240.000 Franken, wobei die bezahlte Arbeit insgesamt nur 90 Stellenprozent beträgt. Die Beratenden arbeiten ehrenamtlich.

Telefonnummern und Internetadressen

SMS-Seelsorge: 076 333 00 35

Internet-Seelsorge: www.seelsorge.net die älteste Seelsorge im Netz

www.chat4help.org Über Chat oder E-Mail beantworten Christen aus evangelischen Landeskirchen und Freikirchen Fragen von Jugendlichen.

www.verein-refugium.ch bei Verlust von PartnerIn

www.verein-regenbogen.ch bei Verlust eines Kindes

www.lifewith.ch bei Verlust eines Geschwisters
www.nebelmeer.net / www.näbelmeer.ch bei Verlust eines Elternteils durch Suizid

www.jesus.ch/www/index.php/D/article/172/175/ Seelsorge Angebot von Livenet.ch und Jesus.ch für Glaubensfragen und Lebenshilfe

Telefonseelsorge: "Die dargebotene Hand" Telefon 143

Onlineseelsorge: Nachfrage steigt auch in Deutschland

Es ist eine traurige Wahrheit: Viele Menschen, die von einem anonymen Online-Gesprächsangebot Gebrauch machen, würden es „im realen Leben“ nicht wagen, ihre Probleme anderen Mitmenschen anzuvertrauen. Die Onlineseelsorge bietet den Ratsuchenden einen geschützten Raum, in dem sie von Internet-Seelsorgern Antworten und Hilfe bekommen.

Florian Mehring, Studienleiter der Biblisch-Therapeutischen-Seelsorge (BTS), erklärt das Phänomen: „In der anonymen Onlineberatung kommen die Menschen gleich auf den Punkt. Sie trauen sich zu schreiben, was sie wirklich bewegt.“

Enormes Angebot

Das Angebot ist erstaunlich gross: Die Suchmaschine Google findet 12.300 Einträge zum Thema Internetseelsorge. Bisher sind Kirchen, Freikirchen und christliche Organisationen die überwiegenden Träger des Onlineseelsorge-Angebotes.

Beim Evangeliumsrundfunk (ERF) in Wetzlar gehen beispielsweise täglich bis zu 20 neue Anfragen in der Seelsorgeabteilung des Medienhauses ein. Häufig bleibt es bei einem einmaligen Kontakt, aber in etlichen Fällen entwickele sich eine längere Beratung.

Beim ERF kümmert sich ein Team von 15 hauptamtlichen, sowie 37 ehrenamtlich tätigen Online-Seelsorgern um die Beantwortung dieser Anfragen. Wie bei vielen anderen Anbietern auch, erhalten Hilfesuchende auf der Kontaktseite einen ersten Überblick über die Berater, die sich dort, meist mit Bild, vorstellen. Bei einigen Anbietern kann die Mail dann direkt an die ausgewählte Person gerichtet werden, bei anderen Diensten wird die Botschaft anonymisiert und danach erst an die Berater weitergeleitet. Hilfesuchende werden für das Angebot nicht zur Kasse gebeten.

Weitere Dienste wie Chat-Seelsorge und SMS-Seelsorge sind beim ERF im Aufbau.

Onlineseelsorge gibt es unter:
www.bts-ips.de
www.erf.de/seelsorg
www.seelsorge.net

Quellen: Kipa/KEP

Datum: 19.05.2004

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