Trotz Armut und Flüchtlingsnot

Evangelische Gemeinden wachsen in Serbien

Rund 10'000 Serben gelten als evangelische Christen. In den letzten Jahren ist die Gemeinde gewachsen, auch wenn sie noch eine kleine Minderheit im 7-Millionen-Staat ist. Sie setzt sich für die nun ankommenden Flüchtlinge ein, sagt Allianz-Chef Samuil Petrovski und merkt an, dass seine Frau ursprünglich ebenfalls ein Flüchtling war.
Gottesdienst in einer serbischen Gemeinde
Samuil Petrovski
Kirche in Serbien

Der serbische Staat zählt rund sieben Millionen Einwohner, von diesen bekennen sich 10'000 zum evangelischen Christentum. Samuil Petrovski, Präsident der evangelischen Allianz Serbiens, erklärt, dass die Serben grundsätzlich ein fröhliches Volk sind. «Sie nutzen jede Gelegenheit, um etwas zu feiern, sei es ein Geburtstag, ein neuer Job, ein Baby und vieles mehr.»

Gleichzeitig stehe sein Land an einer Wegkreuzung. Serbien ist ein Kandidat für die Aufnahme in die EU. Billigfluglinien haben die westlichen Städte zusammenrücken lassen und viele Jugendliche sprechen gut Englisch. Gleichzeitig will man dem «Bruder Russland» nahe bleiben.

Viele Menschen finden gegenwärtig keinen Job. «Dadurch investieren sie weniger in ihre Studien und weniger in die Zukunft ihres Landes, weil sie versuchen, in ein anderes Land zu ziehen.»

Evangelische Kirchen wachsen

Die orthodoxe Kirche, zu der sich die Mehrheit der Serben zählt, kümmere sich zu wenig um das, was die Menschen brauchen. «Nach vielen Jahren des Kommunismus ist das Land zu den traditionellen orthodoxen Wurzen zurückgekehrt.» Im Alltag spiele der Glaube aber keine grosse Rolle, einzig bei den wichtigen Festen wie Weihnachten, Ostern und den Hochzeiten komme er zum Tragen.

«Und wer den Glauben ernsthafter lebt, kennt meist nicht viel über das Thema Gnade.» Unter diesen Hintergründen wächst die evangelische Gemeinde, «heute zählen wir rund 10'000 evangelische Gläubige und die Gemeinden sind nicht vereint, daran arbeiten wir. Das grösste Wachstum ereignet sich in den Roma-Kirchen und unter früheren Drogen-Abhängigen.»

«Kein positives Bild gezeichnet»

Während vielen Jahren mussten die protestantischen Gemeinden Diskriminierungen in den Medien über sich ergehen lassen. «In den 1990er-Jahren wurden wir als Sekten porträtiert und als schlechten Einfluss aus den USA», erinnert sich Petrovski. Noch heute gelten die Evangelischen als suspekt. «Ein Grund ist, dass sich evangelische Leiter isoliert haben, statt dass ein positives Bild in der Gesellschaft gezeichnet wird.»

In letzter Zeit wurden einige grössere Events organisiert, welche Verbesserungen einläuten, so etwa Veranstaltungen mit dem australischen Redner Nick Vujicic, dessen Grosseltern nach dem zweiten Weltkrieg von Serbien nach Australien ausgewandert waren.

Moderne «Daniels»

So wie Daniel in der Bibel seien Serbiens Evangelische aufgerufen, positiv in der Gesellschaft zu wirken. Es gelte, dieser zu dienen. «Zum Beispiel in Waisenhäusern, im Führen von Häusern für Kinder mit besonderen Bedürfnissen, die Arbeit mit Drogenabhängigen und vieles mehr», analysiert Petrovski. Doch noch nicht alle hätten diese Sichtweise. Deshalb sei Ziel des serbischen Zweigs der «International Fellowship of Evangelical Students» (IFES) diese «modernen Daniels zu schulen, so dass sie Salz und Licht in der Gesellschaft werden».

Derzeit gehört seine Nation zu jenen, in die zahllose Flüchtlinge aus dem Nahen Osten strömen. «Viele unserer Landsleute investieren viel Zeit, um ihnen zu helfen.» Darunter auch eine Menge evangelischer Christen. «Die Mehrheit hilft mit grosser Leidenschaft. Es ist eine gute Gelegenheit, Gottes Liebe den Bedürftigen zu zeigen.» Andere fürchten, Europa könnte islamisiert werden und regen an, dass man sich primär um die Armen des eigenen Landes kümmert. «Serbien zählt rund 800'000 Flüchtlinge aus der Zeit des Balkankrieges – meine Frau war ebenfalls ein Flüchtling.»

Zum Thema:

Datum: 06.10.2015
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet / Evangelical Focus

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