Auszeichnung für Lea Ackermann

Sie kämpft gegen Frauenhandel und Sextourismus

Die Ordensschwester Lea Ackermann (77) und die von ihr gegründete Frauenhilfsorganisation «Solwodi» wurde vor kurzem für ihre «langjährige Bemühungen für Frieden an Leib und Seele von sexuell unterdrückten Frauen und Mädchen» ausgezeichnet.
Lea Ackermann
Solwodi

Der Augsburger Friedenspreis 2014 ist mit 12'500 Euro dotiert und soll am 22. November verliehen werden. Mit Lea Ackermann und Solwodi stelle der Friedenspreis «Eine konkrete, praktische, vom christlichen Glauben her motivierte Friedensarbeit an Frauen in den Mittelpunkt, die Opfer von Menschenhandel, Zwangsprostitution und Sextourismus geworden sind», erklärte der Augsburger evangelische Regionalbischof Michael Grabow, Vorsitzender der Friedenspreis-Jury.

Sie sei «eine unermüdliche Kämpferin» für die Menschenwürde von Frauen. Die katholische Ordensfrau Lea Ackermann gründete Solwodi 1985. Das Kürzel steht für «Solidarity with Women in Distress» – Solidarität mit Frauen in Not. Solwodi half zunächst kenianischen Frauen beim Ausstieg aus der Elendsprostitution. Heute ist die Organisation in fünf Ländern aktiv.

Schock führt zu Hilfswerksgründung

In Deutschland unterhält Solwodi sieben Schutzwohnungen und 15 Beratungsstellen für Migrantinnen in Notsituationen. Gut 50 feste Mitarbeiterinnen kümmern sich um Opfer von Menschenhandel, Zwangsprostitution, Zwangsheirat oder Gewalt in Beziehungen.

Den Entschluss, sich gegen die Ausbeutung von Frauen, gegen Menschenhandel und Sextourismus einzusetzen, fasste Lea Ackermann in einem Taxi in Bangkok. Zusammen mit einem Bischof und dessen Sekretär war sie auf dem Weg ins Hotel. Die Männer sassen hinten, Ackermann vorne neben dem Fahrer. Dieser fragte sie, ob einer der beiden Mitfahrer ihr Ehemann sei. Als sie verneinte, wandte er sich an die Männer: Er habe eine kleine Schwester, sie sei jung, schön, billig – und für die ganze Nacht zu haben. Ackermann war schockiert.

Im Ballkleid ins Kloster

Die Geschichte hat Lea Ackermann schon öfter erzählt. Sie ist 30 Jahre her. Doch sie macht deutlich, wie sehr Ackermann die Selbstverständlichkeit und Arroganz verabscheut, mit der junge Frauen zur Ware gemacht werden.

Dass Lea Ackermann einmal ein internationales Hilfsnetzwerk für in Not geratene Frauen aufbauen würde, war nicht vorgezeichnet. Geboren 1937 im saarländischen Völligen, begann die Tochter eines Bauunternehmers mit 16 Jahren eine Banklehre – auf Wunsch ihrer Eltern. Sieben Jahre arbeitete sie bei der saarländischen Landesbank. «Aber irgendwann habe ich gedacht: Mein ganzes Leben nur mit Papier und Geld, das ist doch nichts», sagte sie in einem Interview: «Ich war 23 Jahre alt, fromm und abenteuerlustig zugleich.»

Bei einem Betriebsausflug tanzte die junge Frau eine Nacht durch und stellte sich dann im Ballkleid und mit hochhackigen Schuhen im Kloster der «Weissen Schwestern» vor. Tags darauf kündigte sie bei der Bank und trat in den Orden ein. Ihre Mutter, heisst es, habe damals geheult, ihr Vater getobt. Ackermann blieb dabei, studierte als Ordensfrau Theologie, Psychologie und Pädagogik und promovierte in München in Erziehungswissenschaften. Was sie aber vor allem wollte war: Nach Afrika fahren und helfen.

Als Christ nicht über das Elend hinwegsehen

1985 schickte sie die Ordensgemeinschaft ins kenianische Mombasa. Die Küstenstadt ist eine Hochburg des Sextourismus in Afrika. Die Ordensschwester sah das Leid der Prostituierten. Mit einem Rundbrief sammelte sie Geld und organisierte ein altes Lagerhaus als Unterschlupf – so entstand Solwodi. Später kam Solgidi (Solidarity with Girls in Distress) hinzu, eine Hilfsorganisation für Töchter von Prostituierten.

Für ihr Engagement hat die 77-Jährige viele Auszeichnungen bekommen, unter anderem 2012 das grosse Bundesverdienstkreuz. Noch immer kämpft sie als Vorsitzende von Solwodi leidenschaftlich gegen das Geschäft mit ausgebeuteten Frauen, gegen gewissenlose Freier und für deren schärfere Bestrafung. Etwas dagegen zu tun, machte sie einmal deutlich, sei ihre Aufgabe als Christin: «Ich kann nicht in der Nachfolge Jesu leben und über das schreiende Unrecht hinwegsehen.»

Zur Webseite:

Datum: 27.08.2014
Autor: Andreas Jalsovec
Quelle: epd

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