Menschenleben

Zürcher Landeskirche kritisiert Sterbehilfe bei psychisch Kranken

Dass mehr Menschen, die nicht todkrank sind, sich von Organisationen in den Tod begleiten lassen, provoziert den Zürcher Kirchenrat. Er fordert, "das Leben von Menschen zu schützen, wo immer diese sich gedrängt fühlen, ihr Leben als wertlos anzusehen." Das Communiqué des Kirchenrats im Wortlaut:
Kritik an der Sterbehilfe: Die Zürcher Landeskirche fordert, «das Leben von Menschen zu schützen, wo immer diese sich gedrängt fühlen, ihr Leben als wertlos anzusehen.»

Am 4. November wurden in Bern erste Resultate einer vom Schweizerischen Nationalfonds und der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften finanzierten Studie zur Sterbehilfe präsentiert, die gemeinsam vom Universitätsspital Zürich und der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften durchgeführt wurde. Untersucht wurden rund 400 Fälle von Suizidbeihilfen durch die Sterbehilfeorganisationen Exit und Dignitas in der Stadt Zürich in den Jahren 2001 bis 2004.

Die Studie stellt fest, dass zunehmend Menschen in den Tod begleitet werden, die nicht an einer unmittelbar zum Tode führenden Krankheit leiden. Und bei zwei bis drei Prozent der Fälle liegen gemäss Studie psychische Erkrankungen vor in Form von Depressionen, Psychosen oder Neurosen.

Der Kirchenrat der reformierten Zürcher Landeskirche ist über diese Entwicklung sehr besorgt, weil sie grundlegende gesellschaftliche Probleme zum Ausdruck bringt und die Tendenz aufzeigt, dass es für so genannt "Lebensmüde" offenbar einfacher geworden ist, aus dem Leben zu scheiden. Insbesondere ältere Menschen glauben Hinfälligkeit im gesellschaftlichen Urteil als Makel zu erkennen und haben entsprechend Mühe, ihr Leben als wertvoll anzusehen und Unterstützung anzunehmen.

Der Kirchenrat akzeptiert und unterstützt das grundsätzliche Selbstbestimmungsrecht des einzelnen Menschen. Zugleich bekennt der christliche Glaube Gott als den Geber des Lebens. Es ist uns aufgetragen, mit diesem Leben verantwortlich umzugehen. Vor diesem Hintergrund tritt die evangelische Kirche dafür ein, das Leben von Menschen zu schützen, wo immer diese sich gedrängt fühlen, ihr Leben als wertlos anzusehen.

Dazu gehört der Einsatz aller Formen der palliativen Medizin, um leidenden Menschen die grösstmögliche Linderung zu verschaffen. Dazu gehört die umfassende Seelsorge an kranken und sterbewilligen Menschen und ihren Angehörigen. Dazu gehört eine gut entwickelte Kultur des Sterbens in Form einer sorgfältigen Begleitung unseres letzten Lebensabschnitts.

In Bezug auf die Sterbehilfe bei psychisch erkrankten Menschen und solchen, die nicht an einer unmittelbar zum Tode führenden Krankheit leiden, ist sich der Kirchenrat bewusst, dass wir in einer unvollkommenen Welt leben, in der es Situationen von Ausweglosigkeit, Hilflosigkeit und Sprachlosigkeit gibt, die in unerträgliche Lebensumstände führen. Daraus entstehende Sterbewünsche sind in keinem Fall moralisch zu verurteilen. Es ist jedoch alles daran zu setzen, insbesondere auch durch die Kirche, gerade diesen Menschen jede erdenkliche Hilfe und Begleitung zukommen zu lassen.

Quelle: Reformierte Zürcher Landeskirche

Datum: 15.11.2008

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