Ein Kindergarten der Hoffnung

«Hier darf jedes Kind kommen»

Livenet-Redaktor Hauke Burgarth erlebte bei einem Hilfseinsatz im Irak live viel Eindrückliches. Unter anderem erlebte er den heilsamen Einfluss bei Kindern, die über Glaubensgrenzen hinweg zusammen erzogen werden.
Kinder im Irak
Shahzada-Kindergarten
Ashti

Kindergärten im Irak unterscheiden sich sehr deutlich von denen in Deutschland oder der Schweiz. Die meisten sind eher schulisch ausgerichtet, sollen die Kinder auf das Lernen vorbereiten. Spiel und Spass haben nicht viel Platz. Die Räume sind oft dunkel, der Umgangston erinnert eher an einen Kasernenhof als an eine Kindergruppe. Doch zum Glück ist das nicht überall so. Als ich im kurdischen Erbil den christlich geführten Shahzada-Kindergarten besuchte, fühlte ich mich sofort wohl: Hier herrschte eine wohltuende Atmosphäre, wir sahen in helle, freundliche Räume. In der Aussenanlage spielten Kinder Fussball oder schaukelten. Drinnen waren die ersten Gruppen bereits am Essen, denn Frühstück und Mittagessen gehören hier zum Kindergartenalltag dazu. Der ganze Umgang miteinander war von Freundlichkeit und Wertschätzung geprägt.

Hilfe für Kinder

Wie etliche andere Kindergärten besuchten wir als Team des deutschen Hilfswerkes GAiN auch diese Einrichtung. Wir brachten Lebensmittel und etwas Süsses zum Verteilen mit. Denn auch wenn der Kindergarten einen freundlichen Eindruck machte: Praktisch alle Kinder hier waren Vertriebene. Viele haben traumatische Erlebnisse, die so gar nicht zu ihrem Alter passen. Andere leben mit den «normalen» kulturellen Besonderheiten, dass ihr Vater drei Frauen hat und das Familienleben zu Hause eher von Gegen- als von Miteinander geprägt ist. Wie kann man hier helfen? Wie bei vielen Hilfseinsätzen merkte ich, dass sich meine Wahrnehmung verschob, wer hier Geber und wer Empfänger war. Auch wenn wir den Kindern etwas zum Essen mitbringen konnten, waren die eigentlich Gebenden ihre Erzieherinnen, die jeden Tag für sie da waren. Aber durch unseren Besuch konnten wir diese Erzieherinnen in ihrem Einsatz ermutigen.

Eine Botin des Friedens

Beim Verteilen der Hilfsgüter kam ich mit Ashti, der Kindergartenleiterin, ins Gespräch. Seit vier Jahren leitet sie den Shahzada-Kindergarten mit 12 Angestellten und 81 Kindern. Die warmherzige Frau entschuldigte sich beim Vorstellen fast für ihren Namen: «Er klingt zwar kurdisch, doch ich bin Christin. Aber die Bedeutung von Ashti gefällt mir – es heisst 'Friede'.» Und sie erzählte: «Als ich damals gefragt wurde, ob ich die Gesamtleitung übernehmen wollte, hatte ich eine Bedingung. Der Kindergarten ist zwar christlich geführt, doch hier sollte jedes Kind hinkommen dürfen. Egal, wie sein religiöser Hintergrund ist.» Die Träger überlegten – und stimmten zu. Danach begannen der Bürgerkrieg und die religiösen Wirren, doch Ashti hielt daran fest, dass hier jeder seinen Platz finden sollte. Und Christen, Jesiden und Muslime vertrauten ihr ihre Kinder an. Als ich Ashti auf den religiösen Mix ansprach, lächelte sie nur: «Wir dachten erst, dass es schwieriger wäre, aber die Kinder haben keine Probleme damit. Und selbst muslimische Eltern fragen uns inzwischen, ob wir nicht noch eine Schule aufbauen können, die genauso ausgerichtet ist wie der Kindergarten. Sie schätzen unseren positiven Umgang miteinander. Dabei machen wir kein Geheimnis daraus, dass wir Christen sind. Nur den Namen Jesus vermeiden wir, aber wir können ja auch von Gott reden …»

Ashti und ihre Mitarbeiterinnen investieren gern in die Kinder – und denen merkt man an, dass sie eine Umgebung haben, in der sie sich entfalten können. Offensichtlich bedeutet Ashti nicht nur «Friede», mit Gottes Hilfe gewinnt sein Friede hier im Shahzada-Kindergarten in Erbil Gestalt.

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Vom Flüchtling zum Helfer: «In der Not habe ich Gott richtig gut kennengelernt»

Datum: 20.02.2017
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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