«Durchsetzung wird Problem»

Pakistan: Wird neues Gesetz Christen besser schützen?

Das pakistanische Parlament hat in der vergangenen Woche eine neue Gesetzesvorlage erlassen, die Christen und religiöse Minderheiten davor schützen soll, durch Mobs gelyncht zu werden. Ausserdem sollen Zwangsbekehrungen zum Islam und Zwangsheiraten unter Strafe gestellt werden. 
Pakistanische Christen protestieren gegen Übergriffe. Aus islamischen Ländern werden immer mehr Christen vertrieben.
Karte von Pakistan

Die Vorlage wartet nun darauf, vom Präsidenten unterzeichnet und somit zum Gesetz zu werden. Seit Jahren leiden Christen in Pakistan darunter, dass immer wieder Lynchmorde durch Mobs vorkommen. Zwangsbekehrungen zum Islam und Zwangsverheiratungen von minderjährigen Mädchen mit Muslimen sind ebenfalls keine Seltenheit. Alle diese Delikte sollen durch das neue Gesetz mit höheren Gefängnisstrafen belegt werden.

Experten bezweifeln die Wirksamkeit des Gesetzes und befürchten, dass es sich nur um Lippenbekenntnisse handelt. «Es gibt bereits Gesetze gegen Lynchmorde, aber sie werden aus Angst vor Reaktionen kaum angewandt», erklärt Wilson Chowdry, Vorsitzender der «Britisch-pakistanischen Gesellschaft». Er wies darauf hin, dass kürzlich alle 115 Verdächtigen von der Anklage freigesprochen wurden, im Jahr 2013 über 150 Häuser von Christen wegen angeblicher Beleidigung des Propheten Mohammed niedergebrannt zu haben.

Problem Bestechungskultur

«Die Krux des Gesetzes ist die Anwendung», sagt Chowdry. «Häufig verfolgt die Polizei die Straffälle nicht; Grund sind eine starke Bestechungskultur und die Abneigung gegen die 'rituell unreinen' Christen.»

Andere christliche Gruppen erwarten, dass das Gesetz eine positive Veränderung bringen werde. Dazu gehört Samuel Pyara, Präsident der «Bright Future Suciety» (Gesellschaft für eine bessere Zukunft). «Diese Massnahmen waren unbedingt nötig, um unser Land zu retten», sagt Pyara gegenüber der Agentur «Asia News». «Lynchjustiz durch wütende Mobs ist für viele Leute ein Teil ihres Denkens geworden. Es war unbedingt nötig, dass das zu einer Straftat wird, und wir schätzen die Massnahmen des Staates.»

«Kidnapping und Zwangsheirat ist eindeutig falsch»

Sohail Ahmad Raza, Direktor der islamischen Organisation für interreligiöse Beziehungen «Minhaj ul Quran» bestätigt, dass Entführungen und Zwangsverheiratungen von christlichen und Hindu-Mädchen auch vom islamischen Standpunkt eindeutig falsch sind: «Es ist moralisch, sozial und auch rein menschlich falsch. Zwangsheirat ist unter dem Gesetz der Scharia nicht erlaubt und kommt durch den Analphabetismus.» Und er fügt hinzu: «Diejenigen, die die Lautsprecher der Moscheen benutzen, um Hass und Gewalt zu verbreiten, sind einfach kranke und verwirrte Leute.»

Chowdry gibt zu, dass die neuen Gesetzesvorlagen mehr Schutz gegen Imame geben, die zu Hass aufrufen; aber er hält fest, dass bereits die bestehenden Gesetze solche Gewalt hätten bekämpfen sollen. Und er nennt ein Kernproblem beim Namen: «In meinen Augen ist die Angst vor den religiösen Leitern ein Kernproblem. Aber dieses neue Gesetz könnte Polizei und Gerichte verstärkt zur Aktion bringen. Aber die Strafen und die Bussen scheinen mir – mit drei Jahren maximal oder einer Busse von 500'000 Rupien – zu niedrig.»

Auch was die Zwangsverheiratung anbetrifft, glaubt Chowdry nicht, dass die Vorschriften greifen werden. «Auch hier gibt es zu viel systemisches Versagen bei Polizei und Justizbehörden» erklärt er: «Wenn nicht wirklich deutliche Massnahmen – ausser neue Gesetze zu erlassen – getroffen werden, werden diese kleinen Verbesserungen aufs Ganze gesehen nicht viel bringen.» 

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Datum: 16.02.2017
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / Christian Post

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