Patenschaften für Immigranten

«Ihr Alltag ist anfänglich oft sehr herausfordernd und überfordernd»

Pamiga vermittelt Patenschaften zwischen Migrantinnen und Migranten und Schweizer Freiwilligen im Raum Münchenbuchsee und Umgebung. Sie erhalten von Freiwilligen während einigen Monaten Unterstützung bei Behördenkontakten und im Alltag. Wir fragten Erika Freiburghaus, Initiantin und Leiterin des Projekts, wie Pamiga funktioniert.
Migranten werden besonders beim Gang zu den Ämtern unterstützt.
Erika Freiburghaus

Livenet: Erika Freiburghaus, wie ist es zu diesem Angebot gekommen?
Erika Freiburghaus: Ich habe während acht Jahren in einer Integrations-WG gelebt mit einer anderen Schweizerin und jeweils ein bis zwei asylsuchenden Frauen. Dabei habe ich erlebt, wie der ganz normale Alltag für viele geflüchtete Menschen sehr herausfordernd und oft auch überfordernd ist. Besonders dann, wenn sie aus einem Asylzentrum das erste Mal in eine eigene Wohnung ziehen. Dies führte mich zu der Frage, wie dieser Not begegnet werden könnte.

Was gab letztlich den Anstoss zur Gründung von Pamiga?
Meine Ausbildung an der Fachschule für Sozialmanagement. Dort bekam ich das nötige Knowhow, um so ein Projekt zu starten. Und irgendwann im Verlauf des Studiums ist die Idee der Patenvermittlung geboren worden.

Wie sind Sie auf den Namen «Pamiga» gekommen?
Beim Namen Pamiga handelt es sich um eine Wortneuschöpfung. Einerseits besteht er aus der Abkürzung von Patenvermittlung für Migranten. Andererseits ist das spanische Wort für Freundin «amiga» darin enthalten. Das soll unserer Vision Ausdruck geben, dass aus den Patenschaften gegenseitig wertvolle Freundschaften entstehen können.

Wo liegen aktuell die Schwerpunkte Ihrer Arbeit?
Der grösste Teil der Arbeit liegt im Gewinnen von neuen Freiwilligen, Kontakt zu den Behörden, den Schulungen für neue Paten, der Vermittlung und dann auch der Begleitung der Patenschaften. Daneben habe ich immer wieder mal die Gelegenheit, die Arbeit bei Anlässen vorzustellen und bekannt zu machen oder Personen zu beraten, die eine ähnliche Arbeit beginnen möchten.

Welche Rolle spielt der christliche Glaube bei dieser Arbeit – bei Ihnen und bei den Mitarbeitenden?
Für mich persönlich eine sehr entscheidende. Ich bin überzeugt, dass wir als Christen eine Verantwortung haben, den Schwächsten in unserer Gesellschaft zu helfen und Gott uns dazu auch befähigt und ausrüstet, dies zu tun. Das erlebe ich immer wieder ganz konkret in meinem Alltag. Die freiwilligen Mitarbeitenden wissen um den christlichen Hintergrund der Arbeit, müssen diese Überzeugung aber nicht zwingend teilen.

Gibt es ein Schlüsselereignis, das die Arbeit geprägt oder auch ermutig hat?
Eine grosse Ermutigung im Aufbau der Arbeit war das grosse Interesse, das sofort von allen Seiten vorhanden war. So konnte ich bis zum Ende des ersten Jahres bereits elf Patenschaften vermitteln – gerechnet hatte ich mit maximal fünf. Besonders ermutigend ist auch, immer wieder zu hören, dass die Treffen für beide Seiten – für die Paten und die Begleiteten – eine grosse Bereicherung sind und beide davon profitieren können.

Wie erleben Sie den Kontakt mit den Behörden?
Sehr positiv und ermutigend. Die Migranten und Migrantinnen werden jeweils von den zuständigen Sozialhilfestellen vermittelt. Ich erlebe die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Stellen sehr erfreulich und staune immer wieder über das grosse Vertrauen, das mir dabei entgegengebracht wird.

Wie finden die Patinnen und Paten einen persönlichen Zugang zu den Flüchtlingen und ihr Vertrauen?  
Da unser Angebot freiwillig ist, dürfen die Flüchtlinge entscheiden, ob sie eine Begleitung durch eine Patenschaft möchten. Viele sind sehr dankbar für die Unterstützung im Alltag und fassen sofort Vertrauen zu den Patinnen und Paten. Bei anderen dauert es ein bisschen länger. Aber nicht selten entstehen mit der Zeit richtige Freundschaften.

Wie wird man Patin oder Pate bei Pamiga? Was braucht es dazu?
Neue Interessenten melden sich bei mir, und ich lade sie zu einem Erstgespräch ein. Grundsätzlich braucht es nicht viele Voraussetzungen, um Pate zu werden, da es wirklich um Alltagshilfe geht, Dinge die für uns Schweizer in der Regel leicht zu bewältigen sind und keine speziellen Kenntnisse brauchen. Was es braucht, ist die Bereitschaft, Zeit zu investieren, pro Woche mindestens eine Stunde. Zudem Lernbereitschaft, Interesse an anderen Kulturen und etwas Flexibilität. In einer zweiteiligen Schulung werden die Freiwilligen dann auf ihren ersten Einsatz vorbereitet.

Zur Webseite:
Pamiga

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Datum: 20.10.2016
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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