Leiderfahrungen

„Straft Gott mich?“

"Seit zwei Jahren geht bei mir alles schief”, erzählt Herr S., 33 Jahre alt. „In der Firma fiel ich einer Rationalisierungsmassnahme zum Opfer und bin seither arbeitslos."
\"Früher hatte ich den Eindruck, dass mich mein Glaube in allen Situationen durchtragen könnte. Aber im letzten halben Jahr bekam ich immer stärkere Zweifel.\"

"Mit Hilfe meiner Schwiegereltern konnten wir bisher das Darlehen unserer Eigentumswohnung weiter tilgen. Doch können sie es nicht länger tragen. Zum Glück wissen sie nicht, wie stark es in meiner Ehe kriselt. Wir haben uns irgendwie noch gerne, doch jeden Tag gibt es dutzende Missverständnisse und meine Frau gibt mir zu verstehen, dass ich ihr ziemlich auf den Geist gehe. Sie hat mir zwar verziehen, dass ich vor etwa drei Jahren mit einer Mitarbeiterin in unserer Firma eine kurze Affäre hatte. Ich habe diese Schuld auch vor Gott geklärt und um Vergebung gebeten. Aber irgendwie trägt meine Frau mir das immer noch nach. Und die Älteste unserer beiden Kinder leidet an einer Kinderdiabetes. Früher hatte ich den Eindruck, dass mich mein Glaube in allen Situationen durchtragen könnte. Aber im letzten halben Jahr bekam ich immer stärkere Zweifel. Ich schreie zu Gott, dass er meine Lage ändert. Aber es geschieht nichts. Wahrscheinlich straft mich Gott…"

Gott mutet Ihnen und Ihrer Familie derzeit einige grosse Lasten zu und Sie sind in vielen Bereichen sehr verunsichert. Hier meine Gedanken:

1. Jesus hat Ihnen vergeben

Sie berichten, dass Sie die aussereheliche Beziehung auch vor Gott geklärt haben und offensichtlich Vergebung erfahren haben. Damit ist diese Sache vor Gott bereinigt und vergeben. Geistlich gesehen ist das, was Sie heute erleben, keine göttliche Strafe, sondern es sind Zumutungen Gottes, deren Sinn für Sie momentan nicht verständlich ist. Würde Sie Gott wirklich strafen, könnten Sie keine Minute mehr weiterleben. Vielmehr erzieht Gott uns Menschen. Legen Sie den Gedanken der Strafe zur Seite.

2. Jesus lässt Sie nicht los

Es ist für Sie inmitten Ihrer Zweifel schwer zu glauben, aber so schnell werden Sie Jesus Christus nicht los. Unerhörte Gebete lasten schwer auf der Seele. Und in der Tat ist es auch für mich von aussen gesehen nicht verständlich, weshalb Sie derzeit so viele Lasten tragen müssen. Auf der anderen Seite weiss ich aus der Begegnung mit vielen Betroffenen, dass es Wege aus dieser Krise gibt. Wenn Gott jemandem so viel zumutet, dann gibt er auch den Mut, das im Laufe der Wochen und Monate anzunehmen und mitten in der Krise einen neuen Sinn zu finden. Allerdings kann Ihnen selten ein anderer Mensch sagen, was dieser Sinn ist. Dies muss von jedem Einzelnen selbst entdeckt werden. Um aber eine solche Durststrecke durchzustehen, ist es hilfreich, Seelsorge in Anspruch zu nehmen.

3. Mut zum Gespräch

In Ihrem Leben gibt es etliche „Baustellen”, an denen Sie arbeiten können. Sie werden selbst spüren, wo es sich für Sie lohnen würde, an die seelsorgerliche Arbeit zu gehen. Zum Beispiel Ihre grosse Unsicherheit vor Gott: Da wäre es wichtig, dass aus Ihren Zweifeln mehr Gewissheit und Gelassenheit wachsen. Oder die Spannungen zwischen Ihnen und Ihrer Frau: Sie haben immer noch eine wichtige Basis – sie mögen sich noch! Greifen Sie diesen Faden auf. Oder sei es der Umgang mit der Krankheit Ihrer Tochter: Hier entlastet oft die Begegnung mit anderen betroffenen Eltern. Sie werden sie finden. Und schliesslich wünsche ich Ihnen, dass Sie in diesen Gesprächen ein tragfähiges Konzept für Ihre Eigentumswohnung entwickeln können. Auch hier gibt es fachkundige Hilfe. Gott wird Sie in diesen Begegnungen stets begleiten!

Strafe oder Erziehung?

„Mein Sohn, achte nicht gering die Erziehung des Herrn und verzage nicht, wenn du von ihm bestraft wirst. Denn wen der Herr lieb hat, den züchtigt er” (Die Bibel, Hebräer, Kapitel 12, Vers 6). Aus solchen Worten leiten Christen immer wieder ab, dass Gott sie strafe. Doch der Textzusammenhang macht unmissverständlich klar, dass Gott seine Leute erzieht, aber nicht für ihre Schuld straft. Denn die Strafe für die Sünde der Menschen trug ein anderer, der Sohn Gottes: ,,Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten" (Jesaja 53,5). Wenn Christen „Schicksalsschläge“, Krankheiten und schwere Verluste tragen müssen, dann deutet die Bibel dies als göttliche Erziehung (griechisch: peideia, eingedeutscht: Pädagogik). Gott verfolgt mit seiner Erziehung bestimmte Ziele. Menschen sollen lernen, gerade auf Durststrecken sich zu bewähren und Geduld zu lernen.

Leiderfahrungen mit göttlicher Erziehung in Verbindung zu bringen, widerspricht vielfach heutigem Denken. Dennoch haben Christen in all Jahrhunderten dieses Geheimnis des Glaube entdeckt. Allerdings muss es von jedem Einzelnen selbst erschlossen werden.

Datum: 12.09.2007
Autor: Wilfried Veeser
Quelle: Neues Leben

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