Mitten in der Heiligen Woche

Der Tanz von Liebe und Leiden

Wer mit offenen Augen durch die Welt geht, muss im Moment mit enorm viel Schmerz fertigwerden. Praktisch jeden Tag werden wir mit Nachrichten konfrontiert, die uns tief traurig machen. Wie gehen wir mit dem Schmerz unserer Welt um?
Kreuz

Im Januar schrie der Westen wegen Charlie Hebdo auf. Im Februar ging das Märtyrertum von 21 ägyptischen Christen, denen am Mittelmeerstrand der Kopf abgeschnitten wurde, um die Welt. Und jetzt müssen wir mit der Wahnsinnstat eines Piloten fertig werden, der einfach mal so 150 Menschen mit sich in den Tod reisst. Das alles auf dem Hintergrund von fast täglichen Horrormeldungen aus Nigeria oder Syrien. Wie können wir damit umgehen?

Ablenkung als Flucht?

Man fühlt sich hilflos. Die Versuchung ist gross, den Schmerz mit Unterhaltung oder Hobbies oder Arbeit zu ertränken. Oder einfach nicht die Nachrichten zu lesen. Aber wie, um Gottes willen, können wir es anstellen, nicht abzustumpfen?

Christen glauben an einen Gott der Liebe. Hier geht es jetzt einmal nicht um die Frage «Wie kann Gott das alles zulassen?», sondern um etwas Tieferes, das uns mitten in die Karwoche, die Woche des Kreuzes und des Leidens Gottes, führt: das Geheimnis der Liebe.

Liebe und Leiden gehören zusammen

Spätestens seit Jesus auf der Welt war, wissen wir: Gott steht uns nicht als allmächtiges Wesen gegenüber, das uns «von irgendwo da oben» in unserem Schmerz zuguckt. Sondern Er hat sich solidarisiert und auf unsere Seite gestellt. Bis zum bitteren Ende. Und wenn wir den Weg von Jesus in dieser Karwoche innerlich mitgehen, erkennen wir etwas ganz Tiefes: Liebe und Leiden gehören zusammen. Wir wissen nicht genau, warum – aber wir wissen, dass es so ist. Gott liebte die Welt so sehr, dass er sich auf ihr Leiden einliess.

Das ist das Geheimnis dieser besonderen Woche vor Karfreitag – die Verbindung von Liebe und Leiden, in die Gott hineingegangen ist. Gott ist kreativ, und er hätte uns seine Liebe auch auf andere Art zeigen können. Aber er entschied sich, seine Liebe zu demonstrieren, indem Jesus für uns, seine Feinde, starb. Er litt, damit wir geheilt werden könnten. Er starb, damit wir leben sollten. Er ging dem Leiden nicht aus dem Weg, sondern verband es mit seiner Liebe – und erlöste die Welt damit.

Feinde lieben

Jetzt verstehen wir die Worte der Bergpredigt besser. So etwas Unsinniges wie Feinde lieben? Gott tat es. Segnen statt fluchen? Jesus machte es vor. Gott liebte die Welt nie mehr, als in dem Moment, als Jesus am Kreuz hing. Liebe nimmt Leiden auf sich, und Leiden erzeugt mehr Liebe.

Dagegen ist kein Kraut gewachsen. Dagegen hat der Teufel kein Rezept. Das Böse läuft sich an dem Gott tot, der die Welt so sehr liebt, dass er seinen Sohn hingab.

Um Gottes willen

Darum ist es wichtig, dass wir uns dem Leiden dieser Welt nicht auf Dauer entziehen. Wir sollen nicht fluchen, sondern segnen. Wenn Kinder oder Ehefrauen dem ISIS vergeben, ist das nicht Schwäche, sondern eine unbesiegbare Kraft der Liebe.

Schauen Sie die grausamen Videos an. Nehmen Sie das Böse zur Kenntnis. Leiden Sie «um Gottes willen» mit und weinen Sie. Nehmen Sie die Liebe und Vergebung Gottes für Ihr eigenes Böses in Anspruch. Und dann lassen Sie sich anstecken – von der Liebe Gottes, die durch Jesus Hände und Füsse bekommen hat und die sich durch seine Nachfolger in die Welt hinein ausbreitet. Denn spätestens drei Tage nach Karfreitag sehen wir, dass dieser Tod nicht das Ende, sondern der Anfang von etwas ganz Neuem war.

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Datum: 01.04.2015
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / The Behemoth

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